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Artikel von: Sven Günther
28.08.2024

Wohnungsmarkt droht der Kollaps

Die Region braucht neue Wohnungen. Nur: Der Neubau muss einfacher und damit günstiger werden, so Experten.
Die Region braucht neue Wohnungen. Nur: Der Neubau muss einfacher und damit günstiger werden, so Experten. Symbolbild: pexels.com

Wohnungsbau-Stau! Experten kritisieren Ministerin Geywitz

Es könnte der Anfang einer gefährlichen Abwärtsspirale sein: Die Wohnungsbaukrise in der Region spitzt sich zu. Während leerstehende Wohnungen in der Stadt vor sich hin verfallen, schlagen Experten kurz vor der Landtagswahl Alarm: Ohne Neubau droht der soziale Kollaps!

Unsicherheit und Finanzierungsprobleme hemmen Sanierungen

Matthias Günther vom Pestel-Institut weist darauf hin, dass rund drei Prozent des Wohnungsbestandes idealerweise leerstehen sollten, um flexible Umzüge und Sanierungen zu ermöglichen. Derzeit zögern jedoch viele Eigentümer, ihre leerstehenden Wohnungen zu sanieren, was vor allem auf die Unsicherheit durch wechselnde politische Vorgaben und mangelnde finanzielle Mittel zurückzuführen ist. Besonders die variablen Klimaschutzauflagen tragen zur Verunsicherung bei.

Kritik an der Bundesministerin

Die Ergebnisse der neuen Regional-Analyse des Pestel-Instituts im Auftrag des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) zeichnen ein düsteres Bild. Verbandspräsidentin Katharina Metzger schlägt Alarm: „Es ist eine Milchmädchenrechnung, die leerstehenden Wohnungen gegen den Bedarf aufzurechnen. Das funktioniert nicht. Politiker, die das tun, betreiben Augenwischerei!“

Die scharfe Kritik richtet sich direkt an Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD). Ihr Vorschlag, Wohnungssuchende sollten aufs Land ziehen, sei realitätsfremd. „Der Wohnungsbau in Chemnitz gleicht dem Bohren dicker Bretter“, so Metzger. Sie fordert: „Wir müssen einfacher und günstiger bauen! Die Bauvorschriften müssen drastisch abgespeckt werden – sonst baut bald keiner mehr.“

Metzger rechnet gnadenlos ab: „Wer 400.000 Neubauwohnungen im Wahlkampf verspricht, darf nicht erst ein Jahr vor der nächsten Wahl wach werden!“ Ohne massive staatliche Unterstützung werden weder der notwendige Neubau noch die dringend benötigten Sanierungen in ausreichendem Umfang gelingen.

Der geplante Bundeshaushalt für 2025 versetzt der Branche den nächsten Schlag. „Es fehlen die dringend benötigten Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau. Mindestens zwölf Milliarden Euro pro Jahr wären nötig – der Bund stellt aber nur 3,5 Milliarden bereit!“, kritisiert Metzger.

Chemnitz: Dringender Bedarf an neuen Wohnungen

In Chemnitz ist ein deutlicher Neubau notwendig. Obwohl etwa 11 Prozent des Wohnungsbestands leerstehen (rund 16.750 Wohnungen), sind etwa 52 Prozent dieser Wohnungen seit über einem Jahr unbewohnbar und benötigen umfangreiche Sanierungen. Bis 2028 wird ein Bedarf von etwa 460 neuen Wohnungen pro Jahr erwartet. Ohne verstärkte Bautätigkeit könnte sich die Situation weiter verschärfen.

Erzgebirgskreis: Sanierungsbedarf und notwendiger Neubau

Im Erzgebirgskreis bestehen ähnliche Herausforderungen. Der Leerstand liegt bei 22.400 Wohnungen, was etwa 11,9 Prozent des Gesamtbestands ausmacht. Doch rund 69 Prozent dieser Wohnungen sind unbewohnbar, da sie umfassende Sanierungen benötigen. Jährlich müssten etwa 130 neue Wohnungen gebaut werden, um den Bedarf zu decken. Unsichere politische Rahmenbedingungen und finanzielle Engpässe erschweren jedoch die Umsetzung.

Vogtlandkreis: Starker Rückgang der Bauaktivitäten

Im Vogtlandkreis sind die Bauaktivitäten nahezu zum Erliegen gekommen. Die Anzahl der Baugenehmigungen ist dramatisch um 84 Prozent eingebrochen, von 389 im Jahr 2023 auf nur noch 61 im Jahr 2024. Trotz eines Leerstands von 17.760 Wohnungen (13 Prozent des Bestands) kann der jährliche Bedarf von etwa 120 neuen Wohnungen nicht gedeckt werden, da viele der leerstehenden Wohnungen nicht mehr bewohnbar sind.

Kreis Zwickau: Rückgang der Neubauten trotz hoher Nachfrage

Auch im Kreis Zwickau sinkt die Zahl der Baugenehmigungen deutlich. Die Ämter erteilten 2024 nur 60 Baugenehmigungen, im Vergleich zu 137 im Jahr zuvor. Der jährliche Bedarf liegt bei etwa 140 neuen Wohnungen. Trotz eines Leerstands von 24.350 Wohnungen (13 Prozent des Bestands) sind viele dieser Wohnungen nicht vermietbar, da sie umfassende Sanierungen benötigen.

Mittelsachsen: Stagnierende Bauaktivitäten und wachsender Bedarf

In Mittelsachsen stagniert der Wohnungsbau. Die Anzahl der Baugenehmigungen sank von 213 im Jahr 2023 auf nur noch 73 im Jahr 2024, während der jährliche Bedarf bei etwa 240 neuen Wohnungen liegt. Der Leerstand von 18.830 Wohnungen (10,9 Prozent des Bestands) täuscht über den tatsächlichen Bedarf hinweg, da etwa 66 Prozent dieser Wohnungen ohne teure Sanierungen nicht genutzt werden können.