Start Erzgebirge Ärzte ohne Grenzen!
Artikel von: Sven Günther
26.11.2015

Ärzte ohne Grenzen!

Immer mehr Ärzte aus dem Ausland arbeiten in Sachsen. Foto: pixabay.com

 

Doktorze, nie zawsze tak, zawroty glowy*

Von Sven Günther
Sachsen. Sicher, die Kommunikation ist manchmal noch ein kleines Problem. Aber wenn es um die medizinische Qualifikation geht, sind die ausländischen Ärzte, die sich in Sachsen niederlassen, auf einem hohen Niveau. Vor allem: Es werden zum Glück immer mehr. Nach den Zahlen, die Sachsens Sozialministerin Barbara Klepsch jetzt als Antwort auf eine Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Susanne Schaper (DIE LINKE) veröffentlichte, besitzen 230 Mediziner aus dem Ausland einen Vertrag mit der Kassenärztlichen Vereinigung. Zum Vergleich: Im Jahr 2002 praktizierten nur 34 Ärzte ohne deutschen Pass in Sachsen, 2010 waren es 113.
Die Top-Ten der Herkunftsländer: Polen (44), Slowakei (27), Ungarn (23), Tschechien (23), Bulgarien (15), Rumänien (13), Griechenland (10), Österreich (9), Syrien (9), Russland, Spanien und Ukraine (je 5).
Aber es gibt auch “Exoten”. Zwei Mediziner kommen aus den USA, je einer aus Afghanistan, Argentinien, Jordanien, Brasilien, Chile, Angola, Kamerun und dem Libanon.
Die meisten von ihnen praktizieren als Allgemeinärzte (38). Es folgen die Fachgebiete Innere Medizin (34), Augenheilkunde (28), Kinder- und Jugendmedizin (18), Frauen- und Geburtenhilfe (16), Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (12), Neurologie (9), Neurochirurgie (7) und Orthopädie und Unfallchirurgie (7).

Alles Spezialisten, die helfen, dass Gesundheitssystem in Sachsen aufrecht zu erhalten. Dazu kommen die Mediziner, die in sächsischen Krankenhäuser angestellt sind, die ohne Ärzte aus dem Ausland nicht mehr funktionieren würden. 1639 ausländische Ärzte arbeiten hier im stationären Bereich.

Der Präsident der Sächsischen Landesärztekammer, Prof. Dr. med. habil. Jan Schulze: “Die ausländischen Kollegen vor allem in den ländlichen Regionen maßgeblich dazu beitragen, dass Patienten gut versorgt werden. Einige Kliniken könnten den Betrieb mancher Stationen ohne die internationalen Ärzte nicht aufrechterhalten, weil sie in Deutschland keine Mediziner finden.”

In den Kliniken im Erzgebirge ist die Situation ähnlich. Im Auer HELIOS Klinkum sind 27 Prozent der 211 Ärzte aus dem Ausland, in den Kliniken Erlabrunn sind 89 Arztstellen besetzt, 34 davon mit nichtdeutschen Medizinern. Das sind 38 Prozent.
Die Krankenhaus-Gesundheitsholding Erzgebirge teilt für ihre Häuser folgende Zahlen mit. Annaberg: 90 Ärzte, 31 Ausländer, 34 Prozent. Stollberg (68/22/32), Olbernhau (16/5/31), Zschopau (65/15/23). Im Krankenhaus Schneeberg sind derzeit 16 Ärzte beschäftigt. Davon haben fünf keinen deutschen Pass.
Pathologisch ist die Lage bei den niedergelassenen Medizinern. Laut Kassenärztlichen Bundesvereinigung fehlen aktuell in Deutschland 4600 Haus- und Facharztpraxen. Dazu kommt: In den nächsten sechs Jahren wechseln über 50.000 Ärzte in den Ruhestand, was zu einer gefährlichen Versorgungslücken in ländlichen Gebieten führt.
Ländliche Gebiete, zu denen auch das Erzgebirge gehört. Schon jetzt dauert es Wochen (wenn nicht Monate) um einen Termin bei einem Augen- oder Hautarzt zu bekommen. Für die Zukunft würden Ärzte wohl von einer negativen Prognose sprechen…
Der Grund: Viele deutsche Mediziner zieht es nach Skandinavien, weil dort Einkommens- und Arbeitsverhältnisse deutlich besser sind. Eine weitere Ursache, warum auch in Zukunft immer mehr Mediziner aus dem Ausland zu uns kommen werden müssen, nannte Albrecht Kohlsdorf, der Chef der Krankenhaus-Holding Erzgebirge, in einem Interview mit dem WochenSpiegel Erzgebirge. Kohlsdorf: “An unseren Universitäten studieren einfach zu wenig junge Leute mit dem Ziel, Arzt zu werden.”
*Herr Doktor, mir ist immer so schwindelig