Start Erzgebirge „Aktuell stehen wir vor völlig neuen Herausforderungen“
Artikel von: Andre Kaiser
12.10.2015

„Aktuell stehen wir vor völlig neuen Herausforderungen“

Siegfried Bäumler, Leiter der Agentur für Arbeit Annaberg-Buchholz. Foto: BA
Siegfried Bäumler, Leiter der Agentur für Arbeit Annaberg-Buchholz.
Foto: BA

Annaberg-Buchholz. Er ist gebürtiger Weidener, was die Brücke zur Partnerstadt Annaberg schlägt. Er ist begeisterter Skisportler, was ihn mit dem Erzgebirge und seiner langen Wintersport-Saison verbindet. Siegfried Bäumler sitzt nunmehr seit mehr als 50 Tagen im Chef-Sessel der Annaberger Arbeitsagentur, gab kürzlich seine erste Pressekonferenz zu den aktuellen Arbeitslosen-Zahlen im Erzgebirskreis. Dabei konnte er angesichts der aktuell niedrigsten Arbeitslosenquote im Freistaat einen idealen Einstand verbuchen. Zurücklehnen will sich der neue Agentur-Chef allerdings dennoch nicht. Baustellen auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt gibt es noch genug. Wo Bäumler Handlungsbedarf sieht und welche Prioritäten er künftig setzt, darüber sprach unser Redakteur mit ihm.

REDAKTION: Zunächst eine persönliche Frage. Sind Sie denn schon im Erzgebirge angekommen?
Siegfried Bäumler: Wenn ich in Annaberg arbeite, möchte ich auch in Annaberg wohnen. Und so bin ich froh, dass die Schlüsselübergabe für meine Wohnung reibungslos und entspannt vonstatten ging. Die ersten Tage musste ich ja noch zwischen Weiden und Annaberg pendeln, was aber auch seine Reize hatte, da mich meine Fahrt über Oberwiesenthal führte. So durfte ich jeden Tag vom Dach des Erzgebirges aus auf meine sozusagen zweite Heimat schauen.

REDAKTION: Stichwort Heimat. Ihre Vorgänger blieben ja nur für begrenzte Zeit. Wie lang gedenken Sie dem Erzgebirge treu zu bleiben?
Siegfried Bäumler: Zunächst für zwei Jahre, allerdings mit der Option, auch länger bleiben zu können.

REDAKTION: Und wie haben Sie die ersten Wochen genutzt?
Siegfried Bäumler: Zunächst wollte ich die einzelnen Geschäftsstellen und unsere Teams kennenlernen. Zudem habe ich erste Gespräche mit dem Landrat Frank Vogel und anderen Entscheidungsträgern aufgenommen.

REDAKTION: Wo setzen Sie Ihre Schwerpunkte in den kommenden Wochen und Monaten?
Siegfried Bäumler: Erster Ansatzpunkt sind unsere Jugendlichen, von denen wir keinen auf der Strecke lassen dürfen, auch nicht die Benachteiligten. Gegenwärtig gibt es genug offene Stellen, sicher auch Ausbildungsplätze, die bei den Jungen und Mädchen nicht so beliebt sind. Dennoch muss es uns gelingen, diese zu besetzen.

WOCHENSPIEGEL: Ihr Vorgänger, Jürgen Sieg, trieb zur Gewinnung von Fachkräften in den letzten zwei Jahren vor allem die Netzwerkarbeit voran. Werden Sie daran anknüpfen?
Siegfried Bäumler: Definitiv. Hierzu zählen vor allem unsere Netzwerke nach Tschechien, wo ja aktuell zwei Jobbörsen mit zahlreichen Ausstellern und Interessierten sehr erfolgreich durchgeführt wurden.

REDAKTION: Und welches persönliche Ziel haben Sie sich gesetzt?
Siegfried Bäumler: Nun ja. Gut zu sein ist die eine Seite der Medaille. Gut zu bleiben die andere. Unsere Herausforderung in den nächsten Jahren besteht darin, neue Probleme, die auf uns zukommen, zu bewältigen, ohne dabei das geschaffene Fundament zu beschädigen.

REDAKTION: Sie sprechen von der aktuellen Flüchtlingswelle und der Integration der Menschen in Arbeit?
Siegfried Bäumler: Richtig. Hier steht uns künftig viel Arbeit bevor. Doch wir sind gut aufgestellt und vorbereitet, wenn wir gebraucht werden.

REDAKTION: Und worin genau besteht Ihre Arbeit?
Siegfried Bäumler: Zunächst müssen wir auf die Menschen, die für unseren Arbeitsmarkt relevant sind, zugehen und sie im ersten Schritt in Sprachkursen fit machen. So haben sie eine reelle Chance, auch beruflich Fuß zu fassen.

REDAKTION: Und wie wollen Sie das angehen?
Siegfried Bäumler: Uns stehen ab sofort Sprachkurse zur Verfügung, so dass die ersten Kurse bereits Anfang November beginnen können. Hierzu stehen wir in engem Kontakt zu den Maßnahmeträgern. Das Problem allerdings besteht im Moment noch darin, dass die Menschen in unserem Datensystem erfasst werden müssen, was so schnell wie möglich passieren muss, so dass wir einen Überblick bekommen. Hier ist bereits vieles in Bewegung, wo ja bekanntlich Frank-Jürgen Weise, unser Chef der Bundesagentur inzwischen auch die Fäden für das Migrationsamt BAMF in den Händen hält und so eine wichtige Schnittstelle bildet. Darüber, wie wir an die Menschen am besten heran kommen, habe ich auch schon mit dem Landrat gesprochen. Wir müssen uns an dieser Stelle mit allen am Prozess Beteiligten (Ehrenamtliche, Verbände, Behörden usw.) abstimmen, damit jeder seiner Aufgabe bestmöglich nachkommen kann.
Dass weitere Flüchtlinge kommen, ist sicher. Die große Unbekannte dabei ist das Kontingent, mit welchem wir rechnen müssen. Bekannt ist, dass bis Jahresende 3.500 Asylbewerber im Erzgebirge ankommen werden. Unter Ihnen sind auch 150 unbegleitete minderjährige Jugendliche, die unserer Unterstützung bedürfen.

REDAKTION: Gestatten Sie mir abschließend noch eine Frage. Wie wird sich die Flüchtlingssituation auf den Arbeitsmarkt konkret im Erzgebirge auswirken?
Siegfried Bäumler: Man kann davon ausgehen, dass sich die Zuwanderung deutschlandweit unmittelbar auf den SGB II-Bereich auswirken wird. Hier ist in naher Zukunft mit einem Anstieg zu rechnen, auch im Erzgebirgskreis, allerdings voraussichtlich nicht in der Dimension, wie sie aller Voraussicht nach deutschlandweit erwartet wird.

REDAKTION:
Vielen Dank für das Gespräch.