Start Erzgebirge Berggeschrey und Soli-Aktion
Artikel von: Sven Günther
19.02.2024

Berggeschrey und Soli-Aktion

Keine Gewalt! Das Plakat schwebt an einem Kran über den Köpfen der Teilnehmer des „Berggeschrey“
Keine Gewalt! Das Plakat schwebt an einem Kran über den Köpfen der Teilnehmer des „Berggeschrey“

Die Proteste im Erzgebirge gehen weiter

Region. “Wir distanzieren uns von jeglicher Anwendung von Gewalt”. Hoch schwebte das Banner an einem Kran über den Köpfen der Teilnehmer der Protestaktion auf dem Marktplatz von Annaberg-Buchholz. 750 Menschen waren dem Aufruf zum nächsten “Berggeschrey” gefolgt, machten ihrem Unmut Luft und unterschrieben die “Resolution für den Mittelstand”.
Udo Burkert, der Busunternehmer aus Sehma, ist einer der Organisatoren. Er sagt: “Der Schulterschluss zwischen den Bauern und den regionalen Firmen ist eng. Auch Bürgermeister und Landräte haben sich der Bewegung angeschlossen. Wir machen uns alle Sorgen um die Entwicklung unserer Heimat, sehen unser Problem von vielen Politikern in Berlin nicht ernst genommen. Darum unterschreiben die Menschen die zwölf Punkte der Resolution, die jetzt in ganz Deutschland verbreitet wird. Die Unterschriftenlisten sollten in allen Firmen und Rathäusern ausliegen, damit viele Menschen ihren Unmut über die aktuelle Entwicklung kundtun können.”

Zwölf Forderungen, die das Berggeschrey unterstützt

+Ablehnung des Haushaltsentwurfes 2024 im Bundesrat, solange dieser die unverhältnismäßigen Steuererhöhungen für den Mittelstand enthält.
+Einschränkungen des unternehmerischen Handelns nur auf wissenschaftlicher Grundlage.
+Besserstellung der Landwirtschaft in der Wertschöpfungskette.
+Einführung einer Umwelt- und Sozialabgabe auf importierte Produkte aller Art, die nicht nach deutschen Standards hergestellt wurden.
+Einführung einer verpflichtenden und detaillierten Herkunftskennzeichnung aller Lebensmittel.
+Schutz des Transportgewerbes vor unlauterem Wettbewerb, Rücknahme der Mauterhöhung/CO2 Abgabe.
+Einführung eines gefärbten Agrardiesels nach dem Vorbild von USA und GB und Förderung alternativer Kraftstoffe.
+Sicherstellung einer regionalen, krisenfesten und bezahlbaren Energieversorgung.
+Sanierung der Kommunalfinanzen und Verwaltungsreformen in Land und Bund für sofortige Sparmaßnahmen, Bürokratieabbau durch Behördenkonsolidierung für mehr Bürgernähe.
+Sofortige Überprüfung sämtlicher staatlicher Zahlungen ins Ausland. Mehr dazu auch hier
+Erleichterung der Bauordnungen, feste Honorarsätze für Planungen öffentlicher Bauten und Änderung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen zur Sicherstellung eines ehrlichen Wettbewerbs.
+Missbrauch des Sozialstaates unterbinden, Wertschätzung für Arbeit fördern, praxisbezogene Bildungspolitik, regelmäßige Unterrichtstage in regionalen Betrieben im Lehrplan aufnehmen.

Etwa 750 Menschen kamen auf dem Markt von Annaberg-Buchholz zusammen. Fotos: Ronny Küttner

Berggeschrey ohne Gewalt

Udo Burkert: “Bei allem Unmut, bei allem Protest und bei allen Problemen steht etwas fest: Es darf keine Gewalt geben. Deshalb schwebte auch das Plakat über den Köpfen der Menschen.”

Keine Gewalt. Ein Motto, das auch über der Aktion zwischen Hundshübel und Stützengrün stehen könnte. Dort, auf dem Parkplatz an der Raststätte Waldhummel, entfachten Erzgebirger am 15 .Februar Mahnfeuer. Ein lodernder Protest gegen einen Anschlag auf den Bauernhof von Carsten Schulze und Maria Fischer in Oelsnitz/E.

In den frühen Morgenstunden des 11. Februar 2024 wurde die beschauliche Ruhe von Oelsnitz im Erzgebirgskreis jäh unterbrochen. Ein Feuer brach auf dem landwirtschaftlichen Betrieb von Carsten Schulze und Maria Fischer aus, das nicht nur materiellen Schaden anrichtete, sondern auch die Frage nach der Sicherheit und dem Zusammenhalt in der ländlichen Gemeinschaft aufwarf.
Die Flammen zerstörten einen Traktor, eine landwirtschaftliche Maschine, einen Lkw mit Anhänger sowie ein Auto. Glück im Unglück: Verletzt wurde niemand. Doch der Schock sitzt tief, nicht zuletzt wegen einer bedrohlichen Botschaft, die auf eine Scheune gesprüht wurde: „Schluss mit Blockade sonst brennt alles“.

Wie beim Berggeschrey: Menschen halten zusammen


Der Brandanschlag auf Schulzes Hof ist mehr als nur ein Angriff auf Eigentum; er ist ein Angriff auf das Lebenswerk und die Existenzgrundlage einer Familie, die tief in der ländlichen Gemeinschaft des Erzgebirges verwurzelt ist. Trotz der Tragödie beweist die Reaktion der Gemeinde, dass in Zeiten der Not Zusammenhalt und Solidarität überwiegen. Nick Alscher, ein lokaler Unternehmer aus Lößnitz, hat nicht nur eine Hilfsaktion ins Leben gerufen, sondern auch eine Belohnung von 1.000 Euro für Hinweise ausgesetzt, die zur Ergreifung der Täter führen könnten.

Vereint im Licht der Hoffnung: Bauern setzen ein Zeichen der Solidarität bei nächtlichem Mahnfeuer an der Raststätte „Waldhummel“. Fotos: Sebastian Broers


Ein weiteres Zeichen der Unterstützung fand an der Raststätte „Waldhummel“ bei Stützengrün statt, wo sich Menschen zu einem Mahnfeuer versammelten, um ihre Verbundenheit und ihr Mitgefühl zu zeigen. Diese Vorfälle und die darauf folgenden Aktionen zeichnen das Bild einer Gemeinschaft, die sich nicht durch Angst und Einschüchterung auseinanderdividieren lässt.
Vielmehr zeigt sich eine beeindruckende Widerstandsfähigkeit und ein unerschütterlicher Glaube an das Gute im Menschen. Carsten Schulze selbst steht symbolisch für diese Resilienz. Anstatt sich von den Flammen seiner Existenz besiegen zu lassen, schöpft er Kraft aus der Solidarität seiner Berufskollegen und der breiten Unterstützung aus der Region.
Der Brandanschlag in Oelsnitz hinterlässt nicht nur verbrannte Erde, sondern auch ein starkes Zeichen der Hoffnung und der menschlichen Güte. In einer Zeit, in der Spaltung und Konflikte allzu oft Schlagzeilen machen, erinnert uns die Geschichte von Oelsnitz daran, was gemeinsam erreicht werden kann, wenn eine Gemeinschaft in der Dunkelheit zusammensteht und ein Licht der Solidarität und des Mitgefühls entzündet.