Start Erzgebirge Der letzte Weg
Artikel von: Sven Günther
16.02.2022

Der letzte Weg

Peter Buchbach mit seiner Veeh-Harfe. Wer wie er Sterbende auf dem letzten Weg begleiten möchte, kann ab 11. März einen Hospizkurs beginnen. Anmeldungen und Informationen über die Webseite des ambulanten Hospizdienstes Zion, Aue. (www.hospiz-zion.de) oder telefonisch unter 03771 274116. Foto: Privat

Reichen Sie Sterbenden die Hand

Von Sven Günther.
Aue-Bad Schlema. Den letzten Weg sollte niemand allein gehen müssen…
Peter Buchbach sitzt am Bett des Sterbenden. Er drückt die knorrige Hand des alten Mannes, schaut ihn ruhig an, versucht, durch die Geste Trost zu spenden. Peter Buchbach ist ehrenamtlicher Sterbebegleiter der Hospizgruppe Zion, geht den letzten Weg mit Menschen, die keine Hoffnung auf Umkehr haben.
Bis 2019 arbeitet der Erzgebirger an einem Ort, in dem Gefühle keinen Zutritt haben. Peter Buchbach war im Katasteramt von Zeulenroda als Vermesser angestellt. Maße. Zahlen. Grenzen. Exakte Faktenarbeit bis zum Ruhestand.
Da braucht es neben dem Job einen Ausgleich für Herz und Seele. Buchbach nickt, sagt dann: “Den fand ich in unserer Evangelisch-Methodistische Kirche Lauter, in der ich als Predigthelfer Gottesdienste ausgestalte und im gemischten Kirchenchor singe.
Dann kam Corona…”
Die Menschen konnten sich nicht mehr treffen, die Herzen wurden schwer. Aber nur daheim zu sitzen, war nicht die Sache von Peter Buchbach. Er erinnert sich: “Ich hatte gehört, dass der Hospizdienst Zion in Aue ehrenamtliche Sterbebegleiter sucht. Also rief ich an, konnte auch in einen Kurs einsteigen, der schon lief.”
Dank der Unterstützung der Mitarbeiter schafft er es, den Lehrgang erfolgreich abzuschließen. “Die Theorie ist das eine, die praktische Umsetzung das andere”, sagt Buchbach, der erklärt, dass sich die Ausbildung an der biblischen Geschichte “Der Weg nach Emmaus” (Lukas, Vers 24 bis 35) orientiert.
Der Wegbegleiter: “Wenn man das erste Mal am Bett eines Sterbenden sitzt, muss man sich auf die Situation einlassen. Man muss spüren, was dem Menschen gut tut, darf selbst keine Belastung empfinden.” Dabei dauert diese letzte Wegbegleitung manchmal nur wenige Stunden oder Tage, manchmal sechs Monate und manchmal ein Jahr. Die Diagnose “Austherapiert” steht immer am Anfang der letzten Etappe.
Die Koordinatorinnen der Hospizgruppe besuchen die Patienten dann, machen sich ein erstes Bild und entscheiden, welcher ehrenamtliche Hospizbegleiter dann an die Seite des Sterbenden tritt.
Peter Buchbach: “Es geht in erster Linie darum, für die Menschen da zu sein. Wir entlasten teilweise die Angehörigen, sprechen mit den Kranken, verbringen Zeit mit ihnen. Ich hatte meine erste Begleitung im Juli 2021. Inzwischen sind es sechs geworden.”
Neben Worten, Gesten und Empathie hat er ein weiteres Mittel entdeckt, das hilft, zu entspannen: Die Veeh-Harfe. Ein Instrument, das mit speziellen Notenblättern gespielt werden kann. Buchbach: “So war es mir schon bei meiner ersten Begleitung möglich, Lieder zu spielen und zu singen. Ich merkte schnell, wie sich der alte Herr entspannte, seine Atmung ruhiger wurde. Am nächsten Tag konnte ich in seinen Augen eine Spur eines Strahlens entdecken. Schließlich kam der Punkt des endgültigen Abschieds. Ich konnte ihn auf seinem letzten Weg begleiten und gönnte ihm die Ruhe, die auf ihn wartete, von Herzen.”
Ein Erlebnis, dass Sylvia Korb eine der Koordinatorinnen vom Hospizdienst Zion kennt, ein Erlebnis, dass ihr so oder so ähnlich die Sterbebegleiter oft schildern. “Diese ehrenamtliche Tätigkeit ist fordernd und fördernd zugleich. Für einen sterbenden Menschen da zu sein, bereichert auch die Lebenden”, sagt sie und hofft, dass es noch mehr Erzgebirger geben würde, die dafür sorgen, dass keiner den letzten Weg allein gehen muss.