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Artikel von: Andre Kaiser
20.10.2017

Der Tag, an dem Emil Riedel starb

Mit dem Fund dieser Gedenktafel begann die Suche nach der Identität des Emil Riedel. Foto: André Kaiser (Archiv)

Kurort Oberwiesenthal. Eine Gedenktafel, datiert auf das Jahr 1922, und eine Straße, die eventuell nach ihm benannt sein könnte – das war alles, was die mögliche Existenz eines der vielleicht bedeutendsten Unternehmer der Region, eines gewissen Emil Riedel vor einigen Jahren noch belegte.

Dank intensiver Recherchen durch Mirko Ernst gelang es schließlich, die Geschichte und das Leben dieses zu seiner Zeit bedeutenden Mannes zu rekonstruieren bis hin zu seinem tragischen Ende, welches heute beinahe auf den Tag genau 95 Jahre her ist.

Die beeindruckenden Baupläne der 404 Meter langen Fabrikanlage mit der originalen Unterschrift des Emil Riedel existieren auch heute noch.
Foto: André Kaiser (Archiv)

Emil Riedel war ein Pionier, ein Visionär, der seiner Zeit wohl weit voraus war. Ein Unternehmer, der über den Tellerrand blickte und seine fantastischen Ideen in die Tat umsetzte, womit er der Bergstadt damals zu hohem wirtschaftlichen Ansehen auch über die Grenzen des Erzgebirges hinaus verhalf.

Beeindruckende Baupläne, die heute noch existieren, zeigen eine Fabrikanlage zwischen dem Bahnübergang der B95 und der Papierfabrik nahe Niederschlag, die so groß werden sollte wie vier Fußballfelder, zudem einen eigenen Gleisanschluss an die Schmalspurbahn besitzen sollte.
Die Realisierung dieses Mega-Projektes kam nicht zustande, da der damalige Heimatschutz den Bau aufgrund maßgeblicher Beeinträchtigung des Ortsbildes vor allem von böhmischer Seite ablehnte.

Riedel jedoch steckte nicht auf, erkannte frühzeitig das Potential der Bergstadt als Tourismus-
Magnet und plante entsprechend weiter. Er übernahm 1918 das „Rote Vorwerk“ und gestaltete
es mit großem Geschick zu einem attraktiven Ausflugsort und einer Erholungsstätte um, errichtete Unterkünfte für seine aus Chemnitz und Umgebung pendelnden Mitarbeiter und reichte Patente, wie das einer verstellbaren Führung für Stahlbandscheren ein.

Am Bahnübergang in Neudorf soll es vor 95 Jahren zu einem folgenschweren Unfall gekommen sein, bei dem das Fahrzeug von einem Güterzug 35 Meter mitgeschleift wurde und Emil
Riedel starb.
Foto: André Kaiser (Archiv)

Doch leider war sein Wirken nur von kurzer Dauer, wie im Annaberger Wochenblatt vom 19.10.1922 nachzulesen ist. In diesem wurde der tragische Unfall-Tod, der Zusammenstoß des Fahrzeuges, in dem Emil Riedel saß, und eines Güterzuges am Bahnübergang im Neudorfer Oberdorf dokumentiert. Noch am Unfallort erlag der Fabrikant seinen schweren Kopfverletzungen. Umso tragischer dabei war, dass die Hochzeit seiner Tochter bevorstand. Der Bräutigam Willy Behrenbeck, der neben dem Chauffeur mit im Auto gesessen hatte, erlitt ebenfalls schwerste Verletzungen, überlebte allerdings im Gegensatz zu seinem zukünftigen Schwiegervater den Unfall.

Dessen Vermächtnis sollte ewig in Erinnerung bleiben und so wurde ihm an der Riedelstraße vor etwa drei Jahren eine Gedenkstätte mit der besagten Tafel eingerichtet.