Start Erzgebirge Der Tenor und der Advent
Artikel von: Sven Günther
29.11.2023

Der Tenor und der Advent

Björn Casapietra gibt 14 Konzerte in der Region. Foto: PR

Wieso Björn Casapietra Schwibbögen und Pyramiden so sehr liebt

Region. Wenn er singt, lauschen sogar die Engel. Björn Casapietra. Tenor. Schauspieler. Seelensänger. Jetzt kommt er wieder in unsere Heimat, ist am 29. November in der Seiffener Bergkirche und am 3. Dezember in der Moritzkirche Zwickau zu hören. Das Programm: „Christmas Love Songs – Ein romantisches Weihnachtskonzert“. Dem WochenENDspiegel verriet der Tenor: „Mein Vater war der Dresdner Dirigent Herbert Kegel, der mit dem Rundfunkchor Leipzig und der Dresdner Philharmonie Weltruhm erlangte. Er liebte die erzgebirgische Handwerkskunst und hatte selbst viele Pyramiden, die wir Weihnachten immer aufgestellt haben. Damals war ich noch Kind, musste die Pyramiden mit Ohrenstäbchen vom Staub befreien.“ Längst sammelt Casapietra selbst. „Immer wenn ich sie aufbaue, denke ich an meinen Vater. Ein Vater, der nicht mehr da ist, den vermisst man ein Leben lang. Wenn ich zu Weihnachten auf Tournee im Erzgebirge bin, kaufe ich mir meist eine Pyramide oder einen Schwibbogen.“

Weihnachten in Familie. Björn Casapietra freut sich mit seiner Tochter auf die besinnliche Zeit. Vorher ist er am 29. November in Seiffen und am 3. Dezember in Zwickau zu hören. Foto: Privat

Björn Casapietra kommt mit seinem Weihnachtsprogramm zu uns

Die Gans mit Rotkohl und Klößen darf zu Weihnachten nicht fehlen, von Schwibbögen und Pyramiden scheinen die Kerzen. Tenor Björn Casapietra genießt die Festtage ganz traditionell, wird sich in diesem Jahr aber endlich auch wieder von den Konzert-Strapazen erholen müssen.

„Ja, endlich. Nach der schlimmen Corona-Pause bin ich mit meinem Pianisten Peter Forster wieder unterwegs, habe wundervolle alte deutsche ebenso wie die schönsten italienischen, französischen und keltischen Weihnachtslieder im Programm.“ All diese werden durch seine ganz eigene berührende Interpretationskunst zu einem unvergesslichen Erlebnis. Und so zeigt sich das Repertoire des gefeierten Tenors außerordentlich breit gefächert und anspruchsvoll: Jubilierend „Adeste Fideles“, andächtig „Es ist ein Ros´entsprungen“ und leidenschaftlich das berühmte französische „Cantique de Noël“. Mit der berührenden Volksweise „Still still still, weil’s Kindlein schlafen will“ oder einem der beliebtesten Schlaflieder, „Guten Abend, gut Nacht“, weckt Björn Casapietra Erinnerungen an Weihnachten in der Kindheit.

„Wissen Sie, wir leben in harten Zeiten. Musik hat jetzt einen Auftrag. Musik hat jetzt eine Aufgabe.“ Und die heißt für Casapietra: Hoffnung zu geben, zu heilen. Und womit könnte man besser heilen als mit dem „Hallelujah“ von Leonard Cohen?“ Die Weihnachtszeit ist undenkbar ohne das altbekannte „Sind die Lichter angezündet“, wohl einem der schönsten Weihnachtlieder der ehemaligen DDR, welches Casapietra auch gern gemeinsam mit seinem Publikum anstimmen möchte. Aber das Programm reicht noch weiter. Casapietra will die Menschen glücklich machen. Der bekannte Tenor gerät ins Schwärmen: „Wenn ich in einer wunderschönen Kirche stehe und mit meiner klassischen Tenorstimme „Sound of Silence“ von Simon & Garfunkel singe oder die Vertonung eines der bewegendsten Gedichte der Neuzeit, Bonhoeffers „Von guten Mächten wunderbar geborgen”, und dann spüre, dass die Temperatur in der Kirche steigt und die Menschen alle lächeln, dann ist es genau das, was mich in meinem Beruf so motiviert.“

Der 5-Minuten-WochenEndSpiegel-Fragebogen

WES: Was finden Sie an unserer Gesellschaft gut und was schlecht?

B.C.: An unserer Gesellschaft finde ich gut, dass sie einen Zusammenhalt hat. Aber der darf eben auch nicht bröckeln. Durch Pandemie, russischen Angriffskrieg und das Massaker auf israelische Zivilisten scheint das gerade der Fall zu sein. Und das bedrückt mich sehr.

WES: Woran glauben Sie?

B.C.: Ich glaube daran, dass die Musik die Kraft hat diese Welt besser zu machen. Und das versuche ich auch permanent bei meinen Konzerten.

WES: Welche drei Bücher würden Sie unseren Lesern ans Herz legen?

B.C.: Hannah Arendt, der Eichmann Prozess. Alle Kurzgeschichten von Heinrich von Kleist. Die Biografie von Marcel Reich-Ranicki.

WES: Welche Musik hören Sie im Auto?

B.C.: Ich höre keine Musik im Auto. Ich hasse Radio.

WES: Welches Auto würden Sie gern einmal fahren?

B.C.: Gar keins mehr. Ich habe aus Umweltgründen meinen Leasing-Wagen abgegeben und werde mir kein neues mehr holen. Ich wohne in Berlin. Wenn man in Berlin einigermaßen im Zentrum wohnt, braucht man kein Auto. Wenn überhaupt, dann hole ich mir demnächst ein Fahrrad.

WES: Wann war Ihr letzter Konzertbesuch und welcher war es?

B.C.: Das waren gleich zwei. Genesis und Elton John. Und bei beiden Konzerten habe ich Rotz und Wasser geheult.

WES: Für welchen (unvernünftigen) Wunsch würden Sie viel Geld ausgeben?

B.C.: Oh, ich habe einen Golden Retriever. Der heißt Sir Winston. Leider wohne ich in einer Dachgeschosswohnung in Berlin. Aber wenn ich einen Wunsch hätte, dann wär das ein Haus voll mit Golden Retrievern. Denn das ist die Definition von Glück. Was ist Ihre Lieblingsspeise? Ich bin in Genua, Italien geboren. Ich liebe meinen italienischen Pesto. Den mache ich natürlich selbst. Aber ich bin auch Deutscher. Und nichts geht über ein gutes Eisbein mit Sauerkraut und Kartoffeln.

WES: Mit welcher Person der Geschichte würden Sie gern tauschen?

B.C.: Mein persönlicher Held ist Sir Winston Churchill. Aber ob ich mit ihm tauschen möchte, weiß ich nicht.

WES: Wo waren Sie zuletzt im Urlaub und was ist Ihr Lieblingsland?

B.C.: Ich fahre mit meiner Tochter und unserem Hund meistens nach Italien in den Urlaub. Ich habe dort 15 Cousins. Aber durch diese furchtbaren Dürresommer der letzten Jahre wird es mir dort inzwischen zu heiß. Letztes Jahr sind wir zum ersten Mal nach Norden gefahren. Nach England, Cornwall. Und das war wunderbar. Direkt am Ozean hatten wir ein kleines Haus gemietet Und konnten so diese schlimme Hitze ein wenig abfedern.

WES: Was sehen Sie sich im Fernsehen an?

B.C.: Gar nichts. Ich liebe Filme. Ich bin Cineast. Ich bin lieber bei Netflix und Disney+. Da laufen meistens bessere Sachen als im Fernsehen. Wenn ich morgens mit meinem Hund in den Park gehe, sehe ich mir anschließend Lanz an oder Anne Will. Politische Talkshows sind manchmal spannend.

WES: Wobei zappen Sie immer weg?

B.C.: Wenn ich Politiker der AfD sehe oder Sahra Wagenknecht. Die sind für mich schwer zu ertragen.

WES: Wann und in welchem Film waren Sie zuletzt im Kino?

B.C.: Der letzte Indiana Jones Film. Ich liebe diese Reihe. Und danach hab ich noch Oppenheimer gesehen. Ein wirklich fantastischer Film.

WES: Wann waren Sie zuletzt in der Oper/im Theater. Was wurde gegeben?

B.C.: Ich gebe jedes Wochenende ein Konzert irgendwo in Deutschland. Ich gehe wirklich selten in die Oper und eigentlich nie ins Theater. Meine Mutter war Opernsängerin und mein Vater Chefdirigent der Dresdner Philharmonie. Ich habe als Kind so viel Opern und Sinfonien gehört, das reicht fürs Leben.

WES: Vervollständigen Sie diesen Satz: Wenn ich die Macht dazu hätte, würde ich…

B.C.: … Putin ins Gefängnis stecken oder nach Den Haag, im Kreml, eine demokratische Regierung installieren durch demokratische Wahlen, und diese furchtbaren Massenmörder der Hamas, die in Israel dieses schreckliche Massaker angerichtet haben, von der Erde tilgen. Und wenn ich etwas egoistisch sein darf, wünsche ich mir eine erfolgreiche Weihnachtstournee. Die mich dieses Jahr nach Seiffen führt, nach Dresden, nach Stralsund. Ich hoffe, dass wir diese vielen Konzerte voll kriegen und dass sie wunderbar werden.