Start Vogtland Endlich schreibt mal einer die Wahrheit!
Artikel von: Sven Günther
09.04.2020

Endlich schreibt mal einer die Wahrheit!

Sympathisches Lächeln und schmerzhafte Wahrheiten, die hilfreich sein können: Lebenscoach Attila Albert räumt mit nervigen Eltern, faulen Kollegen, unzuverlässigen Partnern und unverschämten Kindern auf. Foto: Verlag Gräfe und Unzer

Nervige Eltern, faule Kollegen, unzuverlässige Partner und unverschämte Kinder

Region. Reden wir einmal Klartext. Es ist in Südwestsachsen nicht anderes als im jedem anderen Land der Welt: Die meisten Probleme haben wir doch mit Menschen, denen wir gar nicht entkommen können. Nervige Eltern, faule Kollegen, unzuverlässige Partner, unerschämte Kinder.

Wie oft zwingen, überreden oder drängen uns ausgerechnet unsere Liebsten zu Dingen, die wir so gar nicht wollen. Hängen uns Schwierigkeiten an, die wir ohne sie gar nicht hätten. Nun hat man vielleicht Geldsorgen, weil man unbedingt wieder jemandem helfen musste, der selbst nicht so überlegt plant wie man selbst. Oder ist im Dauerstress, weil man wieder einmal so viel für andere übernommen hat, dass die eigenen Sachen liegen geblieben sind.

Lebens-Coach Attlia Albert schreibt den Sachsen mit seinem Ratgeber humorvollen Ratgeber „Ich mach da nicht mehr mit“ aus der Seele, zeigt, wie man nicht mehr stillschweigend leidet oder sich herumstreitet, sondern aufräumt in seinen privaten und beruflichen Beziehungen.

Attila Albert beschreibt die schlimmsten Fälle von Nicht-Abgrenzung aus seiner Coachingpraxis und zeigt auf, dass es immer eine Lösung gibt – zur Abwechslung darf sie auch einmal den anderen wehtun. Mit Selbsttest, 7 Abgrenzungs-Typen und vielen Tipps wird uns klar, was wir nicht mehr akzeptieren wollen. So können wir entschiedener auf-treten – und werden endlich los, was uns nicht guttut.

Ein einsamer Elternteil nervt mit Daueranrufen. Ein fauler Kollege schiebt einem alle Arbeit zu. Die Kinder haben pausenlos neue Wünsche. „Die meisten Probleme haben wir mit Menschen, denen wir gar nicht entkommen können und oft auch nicht wollen”, sagt Coach und Autor Attila Albert (47, „Ich mach da nicht mehr mit”). „Wer da nicht klare Grenzen setzt, wird ständig ausgenutzt und verletzt.”

Doch die meisten leiden lieber still, nörgeln oder reagieren höchstens einmal mit einem Wutausbruch, der dann doch nichts ändert. So lernen Sie, sich endlich besser abzugrenzen.

Warum ist es so schwer, anderen Grenzen zu setzen?

Die Gründe sind unterschiedlich, doch besonders häufig sind:
+ Die Angst, Nein zu sagen und sich damit Vorwürfe einzuhandeln („Gerade jetzt lässt Du mich im Stich!”, „Wie kannst Du nur so egoistisch sein?!”)
+ Die anerzogene Überzeugung, dass eigene Wünsche und Bedürfnisse weniger wichtig sind. Oder erst erlaubt, wenn sonst keiner mehr etwas will.
+ Die Furcht, andere zur Rede zu stellen und sich damit selbst angreifbar zu machen, z. B. Undankbarkeit oder mangelndes Mitgefühl unterstellt zu bekommen.

Kann es besser sein, den Kontakt ganz abzubrechen?

Im Einzelfall schon. Aber bei Vorgesetzten, Kollegen und Verwandten ist das oft gar nicht möglich. Außerdem: Wer will ständig seinen Job oder Partner wechseln? Besser ist es daher, eigene Bedürfnisse klar auszudrücken und konsequent durchzusetzen. Beispiel: Einem Verwandten, der sich immer wieder Geld leiht, aber nicht zurückzahlt, nichts mehr zu geben. Nur das zwingt ihn dazu, sein Verhalten endlich zu verändern.

Was ist die größte Hürde dabei?

Emotionale oder finanzielle Erpressbarkeit. Wer nicht allein leben kann, wird jedes Verhalten eines Partners akzeptieren. Wer dringend auf seinen aktuellen Job angewiesen ist, muss dem Chef immer zustimmen. Entscheidend daher: Die eigene Unabhängigkeit stärken. In einer Beziehung z. B. durch eigene Karriere und Freunde, im Job z. B. durch regelmäßige Weiterbildungen, ein gutes Netzwerk, niedrige Lebenshaltungskosten und Schulden.

Hat man es nur mit schlechten Menschen zu tun?

In den seltensten Fällen. Meist haben diejenigen, die nerven, eigene Probleme: Einsamkeit, Überforderung, mangelndes Selbstbewusstsein. Allerdings sollte das nicht dazu führen, dass Sie aus Mitleid oder falsch verstandener Hilfsbereitschaft immer einspringen. Sonst überlasten Sie sich langfristig selbst, erschöpfen sich finanziell, körperlich und emotional. Das ist dann keine Beziehung mehr, sondern ein Pflegeverhältnis.

Welche Fehler sind besonders häufig?

Auf die Beschwerden oder Klagen anderer sofort mit einem Hilfsangebot zu reagieren, seien es Ratschläge oder praktische Erledigungen („Gib her, ich mach das gleich für Dich!”). Damit gewöhnen Sie den anderen daran, die Verantwortung an Sie zu delegieren. Ebenso häufig: Mangelnde Klarheit aus Konfliktangst oder der Hoffnung, dass der andere sich von allein ändern möge. Doch ohne ein klares Gespräch und Konsequenzen ändert sich nichts.

Was ist der erste Schritt, um sich abzugrenzen?

Zuerst an sich denken! Nur so können Sie langfristig auch anderen helfen, wenn Sie das wollen. Bedeutet: Für genügend eigene Erholung sorgen, finanzielle Hilfen nur, wenn Sie es sich leisten können. Gewöhnen Sie sich daran, regelmäßig Nein zu sagen. Üben Sie bei Bedarf einige Antworten vorab: „Das möchte ich nicht, aber es ist okay, dass du gefragt hast”, „Das passt mir nicht”. Wichtig: Sie müssen sich nicht rechtfertigen oder erklären!

Von wem kann man sich nicht ganz abgrenzen?

Von Menschen, die objektiv hilfsbedürftig sind, etwa kleine Kinder oder kranke Angehörige. Hier besteht Abgrenzung darin, dass Sie trotzdem auch auf Ihre eigenen Bedürfnisse achten: Ausreichend Zeit für Ruhe und ihr eigenes Leben, indem Sie die Unterstützung anderer suchen (z. B. Nanny, Nachbarin, Pflegedienst). Nie sollten Sie Ihr Leben ganz anderen unterordnen, sondern immer auf einen angemessenen Ausgleich achten.

Was tun, wenn ich anderen ständig helfen will?

Wer anderen immer helfen will, kann sich nicht abgrenzen. Aber wie überwinde ich ein chronisches Helfersyndrom?

+ Fragen Sie grundsätzlich zuerst nach, was Ihr Gegenüber für eigene Pläne hat, um sein Problem zu lösen. So erfahren Sie, wie ernsthaft er selbst aktiv ist.
+ Lassen Sie es zu, dass dr andere Fehler macht oder sich anfangs ungeschickt anstellt. Wer immer sofort hilft, verhindert damit, dass andere dazulernen.
+ Begrenzen Sie Hilfsangebote grundsätzlich („Ich zahle Eure Miete, aber nur sechs Monate”) und haben Sie keine Scheu, sie auch wieder zu beenden.
+ Machen Sie sich klar, dass Sie anderen manchmal am meisten helfen, indem Sie Ihnen nicht helfen. Nur wer Krisen selbst überwindet, wird klüger und stärker.

Mehr im Buch: „Ich mach da nicht mehr mit“ (192 Seiten, 16,99 Euro) von Attila Albert, erschienen bei Gräfe und Unzer.