Start Erzgebirge Eric Frenzel: Acht-Schanzen-Tournee
Artikel von: Sven Günther
07.11.2017

Eric Frenzel: Acht-Schanzen-Tournee

Auf www.wochenendspiegel.de schreibt Eric Frenzel wöchentlich eine Kolumne, lässt uns hinter die Kulissen blicken, an seinen Gedanken teilhaben. Foto: Peplies Consult

Eric Frenzel schreibt für Sie

Er ist ein Weltstar aus dem Erzgebirge. Zwischen Sapporo (Japan) und Calgary (Kanada), von Ruka (Finnland) bis Seefeld (Österreich) kennen alle Skisport-Fans Eric Frenzel, den Weltmeister und Olympiasieger der Nordischen Kombination. Sie jubeln ihm an den Strecken zu, feuern ihn an, fiebern am Fernseher mit.
Doch wie tickt er wirklich? Was beschäftigt, was bewegt ihn? Was erlebt Eric Frenzel neben Schanzen und Loipen, wenn die TV-Kameras längst aus oder noch gar nicht an sind?
Auf www.wochenendspiegel.de können Sie es lesen. Bei uns schreibt Eric Frenzel wöchentlich eine Kolumne, lässt uns hinter die Kulissen blicken, an seinen Gedanken teilhaben.

Heute: Acht-Schanzen-Tournee

Es wird Winter. Die Vorbereitungen auf die nächste Saison sind so weit vorangeschritten, dass wir bereits in unseren alljährlichen Wettkampfsimulationen sind. Innerhalb von zwölf Tagen sind wir zu fünf Orten gereist, um auf sieben verschiedenen Schanzen Wettkämpfe durchzuführen. Wir simulieren den Weltcup und die damit verbundenen Anforderungen: 15 Sportler, acht Betreuer, 1000 Kilometer im eigenen Auto gefahrene Kilometer, Check-In, Koffer auspacken, Arealbesichtigung, volle Konzentration auf den Schanzen, Probesprünge, Wettkämpfe, Koffer packen, Check out.
Klingenthal, Oberhof, Oberstdorf, Innsbruck, Garmisch standen als Reiseziele auf dem Programm mit Sprüngen auf Groß-und Normalschanzen.
Begründet wurde diese Wettkampf-und Reisesimulation vor Jahren auf ursprünglich acht Schanzen, daher nennen wir intern diese Phase schlicht und einfach Achtschanzentournee.
Die Arbeit auf den Schanzen ist grundlegend für die gesamte Saison. Der saisonbedingte Wechsel von Material, bestehend aus Skier, Schuhen und Anzug erfordert den Neuaufbau des Sprungs. Dazu geht man wieder auf die ursprünglichen Grundmuster zurück und lernt als Athlet den Ablauf wieder neu. Man geht einen Schritt zurück, um letztlich danach viele neue Schritte machen zu können. Das alles im Setting ständig wechselnder Orte und Schanzen. Training unter Stress wird zum Alltagsprogramm.
Ich bin sehr zufrieden mit dem Fortschritt des Springens. Schritt für Schritt habe ich an den richtigen Stellschrauben gedreht, das Gefühl für das Gesamtsystem bekommen. Ich bin im Plan mit allen wichtigen Komponenten, was das Springen anbelangt. Parallel zum Springen werden Kilometer abgespult, die Grundlagenausdauer wird kontinuierlich aufgebaut. In Ansehung des Großereignisses Olympische Spiele habe ich insgesamt die Trainingsumfänge beim Laufen gemessen an den Vorjahren deutlich erhöht. Kilometer fressen für die Form.
Durch die intensive Trainingsarbeit entsteht ganz automatisch schon so etwas wie Wettkampfanspannung. Abends, wenn ich im Bett liege, habe ich manchmal schon das Gefühl im Weltcup zu sein. Der Wettkampfmodus geht allmählich ins Blut über. Bewusste Entspannung suche ich daher auch schon. Nach den Telefonaten mit der Familie beschäftige ich mich mit Yoga-Figuren und progressiver Muskelrelaxation. Ich achte darauf, dass ich früh ins Bett komme und mich nach Plan ernähre.
Der Ton in der Mannschaft wird ruhiger, man merkt, dass jeder maximal mit sich selbst beschäftigt ist. Es herrscht Ruhe vor dem Sturm. Jeder arbeitet akribisch und versucht überdies seine Mitte zu finden.
Nach der Achtschanzentournee kommt immer eine Phase der Regeneration im Kreis der Familie. Die Tage des Reisens waren anstrengend, die Ruhe ist willkommen.