Start Erzgebirge Eric Frenzel: Fragen und Antworten
Artikel von: Sven Günther
06.02.2017

Eric Frenzel: Fragen und Antworten

Olympiasieger und Weltmeister Eric Frenzel schreibt für www.wochenendspiegel.de, für denWochenENDspiegel und den WochenSpiegel Erzgebirge von den Wettkämpfen des Weltcups in der Nordischen Kombination. Foto: Peplies Concult

Kolumne von Eric Frenzel: Fragen und Antworten

Von Eric Frenzel
„Wie ich in Zukunft vermeiden möchte, im Fotofinish zu unterliegen? Was ich mir im Einlauf auf der Zielgeraden  überlege, um Johannes Rydzek zu schlagen? Ob drei Fotofinish-Niederlagen in Folge bei mir eine psychische Blockade verankern?“
Das sind die Fragen, die nach wieder zwei packenden Zweikämpfen in Korea zwischen Johannes Rydzek und mir von Journalisten aufgeworfen werden. Im Stakkato beantwortet möchte ich sagen:
Ich spiele mit dem Gedanken, meine Skier um einen Zentimeter künstlich zu verlängern, um im Fotofinish mit einem halben Zentimeter die Nase vorn zu haben – nein, nein, das war natürlich ein Spaß! Es gibt kein Rezept, ein Fotofinish zu vermeiden, außer der Möglichkeit, ein Rennen auf der Strecke und nicht auf den letzten 100 Metern zu entscheiden. Das strebe ich aber von Natur aus an. Dass ich auf drei Wimpernschlag-Zieleinläufe zurückschauen muss, ist ein großer Zufall, den man nicht überbewerten sollte. Nach wie vor gilt, dass ich versuche, Entscheidungen während des Rennens herbeizuführen, wie in unserem letzten Rennen, als ich am letzten Anstieg attackiert habe, Johannes aber dem Angriff standhalten konnte.
Ich denke auch nicht auf der Zielgeraden; damit würde ich auf Anhieb Energie und Zeit verlieren. Auf der Zielgeraden funktioniert man nur noch körperlich bis – wie Johannes Rydzek es ausdrückte – einem „schwarz“ vor Augen wird. Gedacht, intuitiv gefühlt wird auf der Strecke, während des Rennens, wo man versucht, die Kraftreserven seines Gegners einzuschätzen.
Psychisch setzen mir Fotofinish-Niederlagen auch nicht zu, da die Bestätigung einhergeht, dass man im Grunde gleichstark mit seinem Konkurrenten ist.
Die zwei wichtigsten zitierfähigen Erkenntnisse sind jedoch: es macht mir einen Heidenspaß in der jetzigen Situation im Weltcup gegen Johannes anzutreten. Es ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen auf höchstem Niveau und damit eine große Werbung für unseren Sport oder wie es der Bundestrainer am Wochenende ausdrückte „ die brutalste Show aller Zeiten“.
Zum anderen glaube ich, dass der Gesamtweltcup nicht in Fotofinishs entschieden wird. Wir kommen nun in das letzte Drittel der Saison, die gerade auch im Hinblick auf die packenden Zweikämpfe zwischen  Johannes und mir für uns beide besonders kräftezehrend war. Es wird jetzt im Wesentlichen darum gehen, wer die Kräfte in den verbleibenden Saisonrennen besser mobilisieren kann.
Das Weltcupwochenende in Sapporo auszulassen, ist eine kluge Entscheidung, was die allgemeine Regeneration anbelangt. Das Heimtrainingslager vor der Weltmeisterschaft ist vor allem zu nutzen, auf der Schanze zu arbeiten, um Sprünge zu optimieren. Jeder Meter mehr beim Springen ist besser als jede Hundertstel Sekunde auf der Zielgeraden.
Daran muss man nun mit kühlem Kopf arbeiten!