Start Erzgebirge Eric Frenzel: Seniorenteller auf Italienisch
Artikel von: Sven Günther
30.10.2017

Eric Frenzel: Seniorenteller auf Italienisch

Bei uns schreibt Eric Frenzel wöchentlich eine Kolumne, lässt uns hinter die Kulissen blicken, an seinen Gedanken teilhaben. Foto: Peplies Consult

Eric Frenzel schreibt für unsere Leser

Er ist ein Weltstar aus dem Erzgebirge. Zwischen Sapporo (Japan) und Calgary (Kanada), von Ruka (Finnland) bis Seefeld (Österreich) kennen alle Skisport-Fans Eric Frenzel, den Weltmeister und Olympiasieger der Nordischen Kombination. Sie jubeln ihm an den Strecken zu, feuern ihn an, fiebern am Fernseher mit. Doch wie tickt er wirklich? Was beschäftigt, was bewegt ihn? Was erlebt Eric Frenzel neben Schanzen und Loipen, wenn die TV-Kameras längst aus oder noch gar nicht an sind?

Auf www.wochenendspiegel.de können Sie es lesen. Bei uns schreibt Eric Frenzel wöchentlich eine Kolumne, lässt uns hinter die Kulissen blicken, an seinen Gedanken teilhaben.

Heute: Seniorenteller auf Italienisch

Björn Kircheisen und ich steuern auf unseren Lieblingsitaliener zu. Wir wollen einen Sieg feiern, den wir lange geplant hatten und heute mit einer mustergültigen taktischen Leistung auch erreicht haben. Deutscher Meister im Teamsprint. Ein Titel, der gut zu unseren Weltmeistertiteln und Olympiasiegen passt und der mindestens ebenso hart errungen wurde. „Es war ein Sieg des Alters und der Reife“ versucht Björn möglichst philosophisch zu formulieren, wohl auch unter dem Einfluss, dass wir die Schwelle zum „Cicero“ überschreiten und nun einfach mal etwas Staatstragendes her muss.

In der Tat aber war unser Sieg ein kleiner Triumph der Alten über die Jungen, waren wir doch tatsächlich das Tandem, das die meisten Jahre zusammen auf die Skier brachte und das lag nicht nur am Methusalem der Mannschaft, Björn Kircheisen. Ich nutze die Siegerlaune von Björn und seinen Übermut aus und schiebe ihm noch eine kleine Wette unter, bevor wir endlich an unserem Stammtisch sitzen. „Wer am besten auf Italienisch bestellen kann, der ist vom anderen eingeladen.“

Björn schlägt sofort ein, da er im Bewusstsein lebt, nach gefühlten zwanzig Weltcups in Predazzo solide Kenntnisse im Italienischen zu haben.

Mit einem überschwänglichen „Ragazzi!“ begrüßt uns der Wirt und ich zische Björn zu, dass ich einen Seniorenteller bestellen möchte. Treffer ! „ Come si dice in Italiano-Seniorenteller?“ fängt Björn an zu reden, um mit der Antwort Zeit zu gewinnen und den Wirt zu animieren, voreilig zu antworten, damit er selbst um die Antwort herumkommt. Doch bevor dieser Anstalten macht, uns zu zeigen, wie gut er Deutsch ins Italienische übersetzen kann, blubbert es aus Björn schon heraus : „Mezza cartuccia!“ Mit meinem Blackberry und dem Übersetzungs-Service verstehe ich sofort, warum der Wirt etwas reserviert schaut. „Mezza cartuccia“ ist die Übersetzung von „halbe Portion“, aber gemeint als Metapher, was der schmale Italiener eindeutig in den falschen Hals zu bekommen scheint. Björn versucht, die Situation zu retten und meint, wir bestellen erst mal das Wasser.

Diese Vorlage verwandele ich sicher und bestelle per “me una aqua minerale.” Zwar habe ich nur fünfzehn gefühlte Auftritte in Predazzo, aber offensichtlich reicht das hier, um auch an diesem Tisch die Nase vorne zu haben. Björn zückt sein Smartphone, um sich mit dem elektronischen Wörterbuch zu bewaffnen. Seniorenteller auf Italienisch ? – Sorry,no translations found! „ Kein Problem, zwei Seniorenteller, ich habe schon verstanden“ erklärt nun der schmale Italiener. Zufrieden lehne ich mich zurück und freue mich, heute Abend eingeladen zu werden.