Start Erzgebirge Fichtelberg: Grüne Attacke & nüchterne Zahlen
Artikel von: Sven Günther
30.06.2016

Fichtelberg: Grüne Attacke & nüchterne Zahlen

Ski heil am Fichtelberg. In den letzten 100 Jahren haben sich die klimatischen Wintersport-Bedingungen nicht verändert. Foto: TVE
Ski heil am Fichtelberg. In den letzten 100 Jahren haben sich die klimatischen Wintersport-Bedingungen nicht verändert.
Foto: TVE

Zum Piepen: Ringdrossel blockiert Modernisierung am Fichtelberg

Von Sven Günther
Kurort Oberwiesenthal. Die Verbal-Attacke war giftig. Gegen die geplanten Lift-Pläne am Fichtelberg wetterte die Kreischefin der GRÜNEN, Ulrike Kahl:

“Wie zum Trotz ignorieren die Entscheidungsträger am Fichtelberg, dass auch im Erzgebirge die Winter wärmer, Schnee- und Frosttage immer spärlicher werden. Kann man den Skitourismus in Zukunft aufrecht erhalten, auch wenn nicht mehr genügend Schnee fällt? Ob man in fünfzehn oder zwanzig Jahren auf dem Fichtelberg überhaupt noch Skifahren kann, ist ungewiss.”

Die Antwort ist zahlenreich nüchtern: Aus einer neuen Analyse der Temperaturen, Schneehöhen und Tage mit Schneebedeckung ist ein Ende des Wintersportes am Fichtelberg nicht ableitbar.

In Auftrag gegeben hat sie René Lötzsch, der Chef der Fichtelberg-Schwebebahn. Autor ist der Tiroler Skitourismus-Forscher Günther Aigner, der  die Daten des Deutschen Wetterdienstes der letzten 100 Jahr zugrunde legte.

So liegt die mittlere Wintertemperatur seit 1915 durchschnittlich bei minus 4,4 Grad. In den letzten 30 Jahren ist sie von minus 3,2 auf minus 3,8 gefallen. Der Durchschnittswert der letzten 10 Jahre liegt bei minus 3,5 Grad. Der kälteste Winter wurde 1962/63 mit minus 9,2 Grad, der wärmste 1989/90 mit minus 0,5 Grad.

Auch bei der Schneehöhe gibt es seit 100 Jahren keine signifikanten Änderungen. Durchschnittlich liegt sie bei 1,44 Metern. Die Extremwerte: 1943/44 mit 3,55 Metern und 1918/19 mit 43 Zentimetern.
Die Anzahl der Tage mit Schneebedeckung ist seit 1915/16 ebenfalls konstant, bewegt sich um den Mittelwert von 165 Tagen. Ausreißer nach oben war die Saison 1964/65 mit 211 Tagen, nach unter 1917/18 mit nur 85 Tagen. Am Fichtelberg konnte man in den letzten 18 Jahren an 114 Tagen Ski fahren, wobei der Winter 2007/08 mit 144 die meisten, der der Saison 2006/07 mit 71 die wenigsten Skitage hatte.

Rene Lötzsch: “Mit geht es darum, Tourismus und Naturschutz unter einen Hut zu bekommen. Leider gab es von Seiten der GRÜNEN oder der Naturschutzverbände bislang kein Gesprächsinteresse. Das bedauere ich.”

Sein Fazit: “Wenn wir das Skigebiet am Fichtelberg nicht modernisieren und attraktiver machen, werden immer mehr Touristen auf der tschechischen Seite Ski fahren. Wenn wir weiter so machen wie bisher, geht das schief – und dann bricht der gesamte Tourismus im sächsischen Erzgebirge zusammen, weil mit dem Skigebiet am Fichtelberg quasi der Leuchtturm einstürzen würde. Das kann keiner wollen, auch Naturschützer nicht.  Nur 500 Meter Luftlinie von uns gen Süden sind Baumaßnahmen möglich, von denen wir nur träumen können. “

René Lötzsch mit dem Gutachten, das zeigt, dass der Wintersport am Fichtelberg Zukunft hat. Foto: Sven Günther
René Lötzsch mit dem Gutachten, das zeigt, dass der Wintersport am Fichtelberg Zukunft hat.
Foto: Sven Günther

 

Ein Beispiel? Am Keilberg wurde eine exzellente Abfahrtspiste bis nach Joachimstal gebaut, auf dem Plessberg ein ganzes Skigebiet aus dem Boden gerodet.
Und am Fichtelberg? Dort stockt die für 8,5 Millionen Euro geplante Modernisierung der Himmelsleiter. Der Grund: Unter anderem die Ringdrossel. Weil das Vögelchen hier gebrütet hat, kommt es zu Verzögerung im Planfeststellungsverfahren. Die Tierschützer trauen dem Piepmatz nicht zu, dass er sich in der Umgebung auf einem anderen Baum niederlässt, wenn er sich wieder in Oberwiesenthal sehen lässt. Dazu kommen weitere naturschutzrechtliche Befindlichkeiten.

WochenSpiegel meint: Die Tschechen zeigen uns einen Vogel!