Start Zwickau Hausverbote seien schwer umsetzbar
Artikel von: Redaktion
29.09.2016

Hausverbote seien schwer umsetzbar

Immer wieder gibt es Vorfälle, die öffentliche Stadtratssitzungen und Termine stören. Stadträte werden gefilmt und  teils schlimmen Kommentaren ins Netz gestellt. Doch keiner geht dagegen vor.  Foto/Collage: Alice Jagals
Immer wieder gibt es Vorfälle, die öffentliche Stadtratssitzungen und Termine stören. Stadträte werden gefilmt und teils schlimmen Kommentaren ins Netz gestellt. Doch keiner geht dagegen vor. Foto/Collage: Alice Jagals

Zwickau. Nach der Zwickauer Stadtratssitzung vergangene Woche hagelte es Schlagzeilen, die gar nicht auf der Tagesordnung standen. Zur Sitzung selbst hagelte es aber erst einmal viele kleine und größere Zettelchen mit Botschaften, die in Richtung Demokratieverständnis gingen. Und das während Stadtrat Karl-Ernst Müller eine lange Anfrage zu Notfall-Rufnummern, Sicherheitsvorkehrungen und Stadtrats-Wohnsitzen stellte.

Der Zettel-Schauer hatte seinen Ursprung im Zuschauerraum, der sich eine Etage über dem Stadtratssaal befindet. Man könnte meinen, Oberbürgermeisterin Pia Findeiß, wunderte das nicht groß. Sie bat das Ordnungsamt, die Störenfriede des Raumes zu verweisen.  Doch die eine bestimmte Person tat nichts dergleichen. Wie sich nach Angaben des Demokratiebündnisses herausstellte, soll dieser eine zudem einen Jugendlichen des Bündnisses geschlagen haben.

Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes schnappten sich denjenigen gewaltsam an Händen und Füßen und zerrten ihn nach draußen.

Diese Szene konnte nicht von jedem beobachtet werden, da sich der Zuschauerbereich in einer oberen Etage befindet. Der Pressebereich ist genau darunter. Television Zwickau konnte den Verlauf filmen. Am nächsten dran waren allerdings erneut die selbst ernannte Amateurmannschaft im Filmen von „Kara ben Nemsi“. Diese wiederum stellten einige Tage später – mittlerweile läuft deren Kanal aufgrund einer Sperrung durch youtube.com unter dem Namen Indy Presse Tv – ein Interview ins Internet. Das Wort hatte Waltraud Pecher, die zugab, selbst die Zettel heruntergeworfen zu haben. Damit wollte sie erneut auf die  Zwistigkeiten zwischen ihr und ihrem Sohn Mario Pecher (SPD-Stadtrat und -Landtagsabgeordneter) aufmerksam machen.

„Dass Polizei so rabiat vorgeht, ohne zu wissen, was überhaupt vorgefallen ist: Das hat mich erschüttert. Denn im Endeffekt war doch ich diejenige, die die Zettel runtergeschmissen hat.“

Im Endeffekt seien ihr durch einen Zuschauer die restlichen Zettel aus der Hand gerissen worden und ein weiterer hätte sie angepöpelt, sie hätte doch Verfolgungswahn.

Während des ganzen Geschehens zur Stadtratssitzung waren es lediglich die AfD-Mitglieder, die sich laut über das Handeln des Ordnungsamtes aufregten und schließlich den Saal verließen.

Das Demokratiebündnis äußerte sich noch am Abend zu dem Vorfall: „Grenzen werden von Mal zu Mal  überschritten. Ausgehend von einer Gruppe, die überall dort stört, wo Bürgerbeteiligung stattfindet. … Wo bleibt der Ruf der Empörung? Als bedenklich erachten wir es zudem, dass die AfD-Fraktion demonstrativ das Plenum verlässt, als der Täter abgeführt wird.“

Die Filmcrew um Kara ben Nemsi hat bereits zahlreiche Filme über Zwickauer Politiker ins Netz gestellt und ausgeschmückt. Besonders haben sie es auf Zwickaus Oberbürgermeisterin Pia Findeiß abgesehen. Ob bei Stadtspaziergängen, Ratssitzungen oder im privaten Bereich – deren Kamera ist dabei und wenn sie es nicht ist, werden Aufnahmen von Television Zwickau verwendet – ohne deren Zustimmung.

Und was unternimmt Pia Findeiß? Bisher nicht viel. Wie viele Anzeigen das Stadtoberhaupt gegen diese Truppe bereits gemacht hat, sagt sie nicht öffentlich. Zumindest ist klar, dass der Personenkreis schon mehrere Anzeigen zu verzeichnen habe. Einer solle in den 1990er Jahren laut Aussage von Stadtrat Martin Böttger (Grüne) einer rechten Schlägertruppe angehört haben, was Pia Findeiß nicht bekannt  sei.

„Die Kriterien für ein Hausverbot sind sehr hoch. So ist es beispielsweise nur einzelfallbezogen und konkret möglich“, antwortet Stadtsprecher Matthias Merz auf WochenENDspiegel-Anfrage. „Ein allgemeines Hausverbot kann nicht ausgesprochen werden. Die Änderung der Geschäftsordnung im Hinblick auf die Einschränkung von Aufnahmen spielt weiterhin eine Rolle.“ Ein Anwalt prüfe derzeit mögliche Maßnahmen.

Im Ältestenrat wurde die Thematik in dieser Woche scheinbar erstmal angesprochen. Dieser gab bekannt, die Vorkommnisse der letzten Stadtratssitzung zu verurteilen. „Hier seien von einigen Personen Grenzen überschritten worden, die mit einer politischen Auseinandersetzung nichts mehr zu tun hätten“, heißt es in einer Mitteilung. Gleichzeitig schlugen die dortigen Stadträte vor, dass Besucher der öffentlichen Sitzungen künftig nicht mehr alle Gegenstände mit sich führen dürfen. Um die Sicherheit insbesondere von Besuchern zu gewährleisten, sei es wünschenswert, dass Gäste Rucksäcke, potentiell gefährliche Gegenstände oder Kameras vor dem Bürgersaal abgeben.

Fragt sich nur, ob die Freiwilligkeit auch das größere Los zieht.