Start Vogtland HipHop auf Mars-Mission
Artikel von: Sven Günther
29.11.2021

HipHop auf Mars-Mission

Anika Mehlis mit ihrem Kollegen Alon Tenzer. Foto: OeWF

Unendliche Weiten…

Von Sven Günther
Plauen. „Der Weltraum, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2021. Dies sind die Abenteuer von Anika Mehlis aus Plauen, die mit einer sechsköpfigen Crew aufgebrochen ist, als Analog-Astronautin eine Mars-Missionen vorzubereiten…

Es ist heiß. Sehr heiß. Anika Mehlis stapft mit ihrem etwa 50 Kilo schweren Raumfahrer-Anzug durch den Sand der Negrev-Wüste in Israel. Schweiß rinnt, das Atmen fällt schwer, das Laufen wird zur Herausforderung. Die Vogtländerin schwitz im Dienste der Wissenschaft. Für das Österreichisches Weltraum Forum (200 Wissenschaftler aus 25 Nationen) erforschen sie, wie mögliche Probleme auf dem Mars behoben werden können.

Für Anika Mehlis begann die irdische Weltraumreise vor zwei Jahren. Die Biologin: “Ich hatte in einer Zeitungsmeldung gelesen, dass Wissenschaftlerinnen gesucht werden, die an simulierten Mars-Missionen teilnehmen. Aus rund 100 Bewerberinnen und Bewerbern aus ganz Europa wurde die Vogtländerin ausgewählt, ging mit fünf Wissenschaftlern auf eine vierwöchige Reise in die Negrev-Wüste. Isoliert von der Außenwelt, in einer Art Raumstation lebend, wurde in erster Linie an der Kommunikation mit der Erde.
Anika Mehlis: “Schwerpunkte unserer Forschung sind Arbeitsabläufe und die sogenannte Exploration Cascade, aber auch die Interaktion von Mensch und Technik, die Raumanzug-Simulatoren und auch die Kommunikation mit einer Zeitverzögerung.”

https://www.redbull.com/ch-de/theredbulletin/reise-auf-den-mars

Inzwischen ist die Anika Mehlis wieder in Plauen “gelandet”, gab dem WochenENDspiegel folgendes Interview

Was hat Ihnen während der vier Wochen am meisten gefehlt?
Ganz erwartungsgemäß haben mir meine Herzensmenschen und meine Familie gefehlt. Abgesehen davon habe ich wenig vermisst. Ich hätte erwartet, dass mir Bewegung im Freien fehlen würde, da ich sonst regelmäßig alle 2-3 Tage laufen gehe. Aber weder das, noch bestimmte Nahrungsmittel oder Privatsphäre habe ich als übermäßig fehlend empfunden. Ich glaube, für vier Wochen, vor allem wenn man weiß, dass es nur diese begrenzte Zeit ist, kann man sich an sehr viel anpassen. Mir ging es während der Mission sehr gut.

Was haben Sie “irdisches” nach der “Landung” als erstes gemacht?
Nach der Öffnung der Luftschleuse haben wir die Mitglieder des On Site Support Teams in die Arme geschlossen, mit denen wir während der Mission nur über den Chat Kontakt hatten. Nach vielen Interviews haben wir dann Pizza gegessen und im Whirlpool entspannt, bevor wir zurück nach Tel Aviv gefahren und bereits am nächsten Morgen nach Hause geflogen sind.

Können Sie grob einen Tagesablauf skizzieren?
Unsere Tage waren – in Anlehnung an die Abläufe auf der Internationalen Raumstation – in Viertelstunden-Intervallen durchgeplant. Wir sind sehr zeitig aufgestanden, um unsere Außeneinsätze vor der größten Mittagshitze zu beginnen. Es gab Frühstück und ein Briefing zur Besprechung des Tages. Dann haben fast jeden Tag zwei von uns – jeweils wechselnd – einen Außeneinsatz durchgeführt. Dafür mussten die Raumanzug-Simulatoren angelegt werden, was ca. 1,5-2h dauerte und die Hilfe von zwei weiteren Teammitgliedern erforderte. Die restlichen zwei von uns waren für OPS und SciOPS eingeteilt, also die Kommunikationskonsolen mit dem Funk zu den Anzügen und dem schriftlichen Chat zur „Erde“, dem Mission Support Center in Innsbruck, und dem On Site Support Team. Sobald der Außeneinsatz begann, führten die zwei Analog Astronauten draußen verschiedene Experimente durch und die anderen drinnen ebenso. Im späteren Tagesverlauf standen dann Vorbereitung der nächsten Experimente, Haushalt, Reparaturen, Fragebögen und solche Dinge auf dem Programm. Abends gab es nach dem Essen ein weiteres Briefing und die Tage endeten oft relativ spät. An manchen Abenden gab es auch ein wenig Freizeit und Gelegenheit für einen Film oder ein Kartenspiel.

Anika Mehlis beim Anlegen des Raumanzuges. Foto: OeWF

Gab es Fernsehen, Radio, Musik? Wie muss man sich das Unterhaltungs-Programm vorstellen?
Wir hatten sehr wenig Freizeit, weil die Zeit sehr kostbar und durchgetaktet war, um möglichst viel Wissenschaft durchzuführen und Ergebnisse zu sammeln. Jeder von uns hatte eine Playlist und ein paar Filme auf Festplatten mit und auch Spiele. In den Abendstunden und den drei freien Tagen im Verlauf der Mission haben wir also wie gesagt auch mal einen Film geschaut und Spiele gespielt. Sonst haben wir uns sehr viel und gut unterhalten, Mails nach Hause oder für die Arbeit geschrieben oder Schlaf nachgeholt. Musik lief sehr viel nebenher.

Was stand z.B. auf Ihrer Playlist?
Ich höre gerne die Playlist von Alexander Gerst von seiner Blue Dot Mission. Ansonsten höre ich sehr viel Verschiedenes von Bukahara über Mumford + Sons bis zu P!nk und HipHop. Es war aber spannend, auch zum Beispiel israelische Musik kennenzulernen, weil jeder von uns mal die Musik aussuchte.

Welche Spiele wurden gespielt?
Jeder hatte Spiele mitgebracht. Ich habe zum Beispiel „Regenwormen“ aus den Niederlanden kennengelernt, aber auch „TAKI“, ein israelisches Spiel sehr ähnlich zu „UNO“.

Welche Köstlichkeiten gab es zu essen bzw. zu trinken?
Wir hatten einen veganen Ernährungsplan, der von einer Uni in Österreich aufgestellt wurde. Wir hatten lokale Zutaten, die zu Beginn der Mission vor Ort besorgt wurden und im Habitat gelagert und haben nach den Rezepten unsere Mahlzeiten zubereitet. Die waren darauf ausgelegt, möglichst schnell zuzubereiten und ausgewogen an Nährstoffen zu sein. Zusätzlich hatten wir Müsliriegel für den „Hunger zwischendurch“ oder wenn es schnell gehen musste. Aber auch ein bisschen Schokolade und Kaffee gab es als „Seelennahrung“, was wir auch sehr zu schätzen wussten. Pita und Humus werde ich definitiv auch in Zukunft zu Hause mehr in meinen Speiseplan integrieren. Andere Rezepte waren hauptsächlich sättigend aber nicht unbedingt wiederholenswert. Insgesamt war das Essen ok.

Die Kommunikation Mars-Erde war ein Schwerpunkt des Experiments. Foto: OeWF

Was war zum Beispiel nicht wiederholenswert?
An einem Tag standen Nudeln mit eingelegten grünen Paprika auf dem Speiseplan, bei dem die Menge des sauren Paprikas in keinem Verhältnis zur Pasta stand. Das war mehr Paprika mit Pasta als umgekehrt. Kein Käse-Ersatz oder keine Chili-Soße machte das besser. Das würde ich so nicht noch einmal essen, wenn ich nicht muss. Aber immerhin haben wir sehr darüber gelacht.

Sind sie für die Zeit beim ÖWF angestellt oder von wem werden Sie bezahlt?
Das Österreichische Weltraum Forum ist eine Freiwilligenorganisation. Alle Teilnehmer der Mission haben für die Zeit Urlaub genommen oder sich vom Arbeitgeber freistellen lassen. Die Tätigkeit ist unbezahlt.

Was planen Sie als Nächstes?
Das Österreichische Weltraum Forum führt alle zwei bis dreo Jahre Missionen durch. Die nächste Mission steht – auch durch die Covid19-Situaton – noch nicht fest. Ich persönlich habe große Lust, auch an einer nächsten Mission in irgendeiner Funktion teilzunehmen.
Ansonsten bin ich nun wieder zu Hause in meinem Alltagsleben und arbeite als Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Gesundheitswesen.

Mehr erfahren Sie hier
https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/chemnitz/vogtland/analog-astronautin-simulation-marsmission-100.html