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Artikel von: Redaktion
01.07.2016

Journalist verteidigt sein Zerrbild von Aue

Aue
Frank Richter, Leiter der Sächsische Landeszentrale für politische Bildung leitete die Diskussion, in der sich auch Martin Henselin zu Wort meldete. Foto: Birgit Hiemer

Aue. Wenige Wochen ist es her, da empörte ein Artikel in „Die Zeit” die Auer. Der Journalist Raphael Thelen war im Zuge einer Recherchereise zur Stimmung gegenüber Flüchtlingen im April in Aue unterwegs, schilderte in „Die Zeit” seine Erlebnisse. So berichtete er sinngemäß, das Ausmaß rechtsradikalen Gedankengutes habe ihn überrascht. Am 30. Juni stellte er sich der Diskussion im Auer Ratssaal.

Vier Tage in Aue

Journalist Raphael Thelen stellte sich am 30. Juni der Diskussion. Foto: Birgit Hiemer
Journalist Raphael Thelen stellte sich am 30. Juni der Diskussion.
Foto: Birgit Hiemer

Was hat er gesehen, was wir nicht sehen? Sternenmärsche und Demonstrationen sorgten für Medienpräsens. Wie geht man nun um, mit rechtem Gedankengut? Totschweigen? Bekämpfen? Schneeberg ging gegen Nazidemos auf die Straße, auch viele Auer waren unter ihnen. In Bad Schlema hat man im Gemeinderat diskutiert. In Aue gewährte man dem braunen Gedankengut kein Podium, wenige blieben unter sich. In allen Fällen zogen die Rechtsradikalen den Kürzeren. Es gibt keinen goldenen Weg. Der Königsweg ist, darüber zu reden. Den Blick schärfen, für die, die sich auf dem falschen Weg befinden und Augen auf für diejenigen, die etwas dagegen tun.

Es gibt in Aue und in den anderen Städten und Gemeinden so viele Menschen, die sich bereits ehrenamtlich engagieren. Es sind so viele mehr als diese rechtsradikal Verblendeten. Allerdings diese hat Herr Thelen nicht getroffen. Warum nicht? Vielleicht, weil sie gerade in einer UMA-Klasse Deutschunterricht gaben, mit Asylbewerbern die Ämter abklapperten oder mit ihnen Fußball spielten. Dieser Kritik musste sich Thelen stellen, sein Artikel war einseitig recherchiert. Er war von Anfang an in eine Richtung gedacht und geschrieben. Da hilft es auch nicht, dass er sagt, es hätte auch eine andere sächsische Stadt sein können.

Hat er Aue nur benutzt? Gert Bauer, Geschäftsführer der Curt Bauer GmbH – ein in der ganzen Welt agierendes Unternehmen, betont: „Auch aus der Sicht der Wirtschaft hat er dem Image von Aue als einer weltoffenen Stadt geschadet. Wir kämpfen gegen den Imageverlust.” Hans Beck, CDU-Fraktionsvorsitzender und EAK-Kreisvorsitzender, fragt Thelen: „Wir haben tausende Helfer in den verschiedensten Hilfsorganisationen. Warum haben sie dort nicht mal nachgefragt?” Viele verteidigten an diesem Abend ihr Aue. Manch Auer Bürger hätte ihm gern Hausverbot erteilt.

Die andere Sicht

Es gibt allerdings auch eine andere Seite. Als Außenstehender hat man eine ganz andere Sicht auf die Dinge. Er hat die Auer wachgerüttelt. Nicht nur die rechtsradikal Interessierten sind gefährlich, auch radikale Ansichten des Arbeitskollegen, Familienmitglieds oder Nachbarn dürfen nicht verharmlost werden. Der Auer Stadtrat Tobias Andrä erklärte: „Politisch gesehen spielt die NPD in Aue nicht mal die Rolle einer Fußnote.” Doch die Politik ist es, die gefordert ist und das nicht nur auf Kreisebene.

Raphael Thelen wird wohl nicht noch einmal einen Artikel über Aue schreiben. Seine Aussage dazu: „Ich weiß nicht, ob ich noch einmal ein Format finde…” Bei einer sächsischen Zeitung wird er nicht nachfragen. Die Auer jedenfalls gaben die Diskussion angenommen, wollen sie weiterführen und werden sich weiter mit dem Thema beschäftigen. Bürgermeister Heinrich Kohl betont: „Wir haben ein demokratisches weltoffenes Aue und ich bin stolz, Oberbürgermeister dieser Stadt zu sein. Wir werden weiter miteinander sprechen!”