Start Kritik am Regionalplan: Gemeinde Eppendorf fordert Status "zentraler Ort"
Artikel von: Constanze Lenk
03.06.2016

Kritik am Regionalplan: Gemeinde Eppendorf fordert Status “zentraler Ort”

Blick auf Eppendorf. Die zentrale Lage des Ortes wissen nicht nur die Einwohner zu schätzen. Foto: Constanze Lenk
Blick auf Eppendorf. Die zentrale Lage des Ortes wissen nicht nur die Einwohner zu schätzen. Foto: Constanze Lenk

Eppendorf. Er ist ein 208-seitiges dickes Papier mit zusätzlich noch einmal 56 Seiten Anlagen – der Entwurf des Regionalplans der Region Chemnitz. Seit Dezember 2015 beschäftigt dieses Arbeitspapier auch die Gemeinde Eppendorf. Das Planungsgebiet der Region Chemnitz umfasst die kreisfreie Stadt Chemnitz sowie die Landkreise Erzgebirgskreis, Mittelsachsen, Vogtlandkreis und Zwickau.
Papier ist ja bekanntlich geduldig. Das gilt aber nicht, wenn es amtlich und irgendwann per Beschluss zum „Gesetz“ wird. Dann wird das Papier zum Zankapfel. Der vorliegende Entwurf des Regionalplans liest sich auf den ersten Blick richtig gut. Er reicht von regionaler Siedlungsentwicklung, zentralen Orten, Bildung, Tourismus und Erholung, Natur und Landschaft, Infrastruktur bis hin zu Telekommunikation und erneuerbarer Energie. Der einzige Haken an dem Plan, die Gemeinde Eppendorf wird darin als „zentraler Ort“ nicht erwähnt. So haben der Gemeinderat und die Gemeinde Einspruch erhoben und eine 23-seitige Stellungnahme erarbeitet.
Für Bürgermeister Axel Röthling ist die Gemeinde Eppendorf auf jeden Fall ein Grundzentrum und ein zentraler Ort. Im vorliegenden Entwurfsplan wird aber Eppendorf dem Nah- und Verflechtungsbereich Oederan zugeordnet. „Zentrale Orte sind dabei Gemeinden, die auf Grund ihrer Einwohnerzahl und der Größe ihres Verflechtungsbereichs, ihrer Lage im Raum, ihrer Funktion und der Komplexität ihrer Ausstattung Schwerpunkte des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens im Freistaat Sachsen bilden. Sie übernehmen entsprechend ihrer Funktion und Einstufung im zentralörtlichen System Aufgaben für die Gemeinden ihres jeweiligen übergemeindlichen Verflechtungsbereichs“, heißt es unter 1.2. im Entwurf des Regionalplans.
Dass dies auf die Gemeinde Eppendorf zutrifft, ist für Axel Röthling unbestritten. „Eppendorf erfüllt alle Feststellungskriterien einschließlich der Mindesteinwohnerzahl … Eppendorf ist als Grundzentrum aufzunehmen“, ist in der Stellungnahme formuliert. Und verflochten – wie im Regionalplan verlangt – ist Eppendorf auf jeden Fall. Um dies zu belegen hat die Gemeinde in der Kürze der Beteiligungsfrist für den Widerspruch bei den örtlichen Supermärkten, den Ärzten, der Apotheke, der Oberschule, den Banken und den Einrichtungen älterer Menschen Daten erfragt. Das Ergebnis: Eppendorf wird von Kunden, Patienten und Schülern außerhalb von Eppendorf als „zentraler Ort“ gesehen. Das „Einzugsgebiet“ von Eppendorf reicht dabei von Leubsdorf über Borstendorf, Grünhainichen, Gahlenz, Gränitz bis nach Großhartmannsdorf und Pockau-Lengefeld.
Ganz besonders spiegelt sich der Verflechtungsbereich in der Herkunft der Schüler der Oberschule „Heiner Müller“ wider, denn weniger als die Hälfte der Oberschüler wohnt überhaupt in Eppendorf. Zudem fahren vom Verkehrshof täglich sieben verschiedene Buslinien in alle Richtungen. Wo ist da keine zentrale Lage und Verflechtung zu erkennen?
Immerhin ist die Verflechtung mit den Nachbargemeinden historisch gewachsen. Zu DDR-Zeiten waren in Eppendorf drei Großbetriebe ansässig, die aus der umliegenden Region Arbeitskräfte beschäftigten. Die Struktur des Ortes und der große Einzugsbereich bestehen bis heute. Das Industriedorf hat sich zu einem modernen Dienstleistungszentrum gewandelt.
Erarbeitet wurde der Entwurf des Regionalplans vom Planungsverband Region Chemnitz. Er ist einer von vier Planungsverbänden im Freistaat Sachsen. Beim Lesen des Plans hat man den Eindruck, dass nicht vor Ort, sondern vom Schreibtisch aus recherchiert, geplant und festgelegt wurde. Denn eins ist sicher, sollte Eppendorf nicht als „zentraler Ort“ aufgenommen werden, steht das gewohnte Leben in Eppendorf mit all den Versorgungseinrichtungen in Frage. Denn Gemeinden, die nicht als „zentrale Orte“ ausgewiesen sind, sind auf kommunalen Eigenbedarf beschränkt. Das bedeutet, dass künftig bei Investitionen erhebliche Abstriche gemacht werden müssten.
Zum Entwurf des Regionalplans gibt es noch ein Umweltgutachten und ein regionales Windparkkonzept. Auch dazu hat die Gemeinde Eppendorf Stellung bezogen. Nach einem Beschluss des Gemeinderats wird jetzt für 22.000 Euro ein Umweltgutachten in Auftrag gegeben, um die für Eppendorf ausgewiesenen Windvorranggebiete zu verhindern. Immerhin sind  Rotmilan und der Schwarzstorch hier beheimatet und besonders schützenswerte Vogelarten. „Es ist schon traurig, dass die einzige Waffe gegen die Windkraftanlagen der Naturschutz ist und erst danach die Menschen kommen“, sagt Axel Röthling.
Geplant war, dass der Regionalplan bereits Ende dieses Jahres in Kraft tritt. „Aber das sehe ich noch nicht“, meint der Eppendorfer Bürgermeister. Zahlreiche Gemeinden und auch einzelne Bürger haben dazu ihre Stellungnahmen abgegeben. Dazu bestand die Möglichkeit, auch online am Beteiligungsverfahren teilzunehmen und Einsprüche gegen den Entwurf abzugeben. Axel Röthling schätzt, dass die meisten Einwände das Windparkkonzept betreffen und hier noch jede Menge Klärungsbedarf besteht. Jede Stellungnahme muss bearbeitet werden und das kann  dauern.
Den Entwurf des Regionalplans finden Sie im Internet unter www.pv-rc.de  clk