Start Chemnitz Landtag novelliert Gesetz über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz
Artikel von: Björn Max Wagener
13.12.2023

Landtag novelliert Gesetz über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz

Mit der Gesetzesnovelle stärkt der Landtag vor allem den Zivilschutz. Foto: Björn Wagener / Archiv

Novelle soll Anfang 2024 in Kraft treten

Sachsen. Erst vor wenigen Minuten hat der Sächsische Landtag das “Vierte Gesetz zur Änderung des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz” final beschlossen. Darin enthalten sind unter anderem zahlreiche Verbesserungen für den Bevölkerungsschutz. “Mit dieser Novelle haben wir in Sachsen eines der modernsten Gesetze für den Brand- und Katastrophenschutz sowie den Rettungsdienst. Seien es die Corona-Pandemie, Hochwasserlagen oder das massive Waldbrandgeschehen im vergangenen Jahr – viele Erkenntnisse aus diesen Ereignissen sind in die Gesetzgebung mit eingeflossen. Es war ein sehr dynamischer und stets konstruktiver Prozess, für den ich mich bei allen Beteiligten ganz herzlich bedanke. Mit diesem Gesetz erhöhen wir die Sicherheit der Menschen im Freistaat”, so Innenminister Armin Schuster (CDU).

So wurde auf Empfehlung der Expertenkommission Waldbrand im parlamentarischen Verfahren noch eine wesentliche Ergänzung aufgenommen: Künftig sind die Landkreise für die Brandverhütungsschau in zusammenhängenden und gemeindeübergreifenden Waldgebieten zuständig – das entlastet die bisher verantwortlichen Gemeinden. Zudem beschäftigen die Landkreise bereits spezialisiertes Personal.

Die weiteren Neuerungen im Überblick

Kostenbeteiligung des Freistaats bei Großschadensereignis

Erstmals wird der Begriff »Großschadensereignis« in das Gesetz aufgenommen und umfassend definiert als ein Ereignis, das u.a. eine große Anzahl von Menschen gefährdet und zu dessen Bekämpfung die Kräfte des örtlichen Brandschutzes nicht ausreichen. Er umfasst damit nicht nur (Wald-)Brände, sondern z. B. auch größere Chemieunfälle oder großräumige Sturmereignisse. Bei einem solchen Ereignis, das von der unteren Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörde festgestellt wird, übernimmt der Kreisbrandmeister die Einsatzleitung für die betroffenen Gemeinden. Gleichzeitig wurde gesetzlich verankert, dass sich der Freistaat bei Großschadensereignissen an den Einsatzkosten der kreisangehörigen Städte und Gemeinden beteiligt.

Stützpunktfeuerwehren als neues Instrument der kommunalen Zusammenarbeit

Die Gemeinden sollen künftig die Möglichkeit haben – in Zusammenarbeit mit einer oder mehreren Partnergemeinden – eine Stützpunktfeuerwehr einzurichten. Insbesondere mit dem Ziel, die Tageseinsatzbereitschaft dauerhaft sicherzustellen. Stützpunktfeuerwehren ergänzen die gemeindeeigenen Feuerwehren.

Gleichstellung von Helfern im Einsatzfall

Für Angehörige der Bergwacht und der Wasserrettungsdienste gab es in Sachsen bisher keine klare Regelung zu Freistellungs- und Lohnfortzahlungs- bzw. Verdienstausfallansprüchen bei Einsätzen in der Notfallrettung – das ändert sich mit dieser Gesetzesnovelle.

Schutz für Kritische Infrastrukturen

Erstmals gesetzlich geregelt ist der Einsatz von Spontanhelfern, dessen Koordination und Organisation den Landkreisen und kreisfreien Städten obliegt. Die organisatorische Vorbereitung des Einsatzes von Spontanhelfern gehörte bereits bisher zu den Aufgaben. Dies wird nun aber ausdrücklich aufgenommen, um die Bedeutung des spontanen Engagements im Katastrophenfall zu unterstreichen.

Integration der Kriseninterventionsteams in die Strukturen des Katastrophenschutzes

Mit der Einrichtung eigener Katastrophenschutzeinheiten für die »Psychosoziale Akuthilfe« werden die Kriseninterventionsteams organisatorisch in den Katastrophenschutz integriert. Die Kriseninterventionsteams werden damit künftig in einer einheitlichen Struktur unter der Verantwortung der Landkreise und kreisfreien Städte als Aufgabenträger im Katastrophenschutz tätig. Damit erhalten auch diese ehrenamtlichen Helfer den Status von Helfern im Katastrophenschutz. Somit profitieren sie im Anwendungsbereich des SächsBRKG von den für diesen Personenkreis geltenden Freistellungs- und Lohnersatzansprüchen. Gleichzeitig bleiben die gewachsenen Strukturen mit einer Vielzahl engagierter Beteiligter (Verbände, Kirchen, Hilfsorganisationen) durch Kooperationsvereinbarungen erhalten.

Rechtliche Grundlage für organisierte Erste Hilfe bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes

Die organisierte Erste Hilfe dient der qualifizierten Erstversorgung eines Patienten bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes. Daher wird diese erstmals als Rechtsgrundlage im Gesetz verankert. Den Trägern des Rettungsdienstes wird die Möglichkeit eröffnet, Vereinbarungen zu treffen, um im Notfall Helfer mit einer über die Grundkenntnisse der Ersten Hilfe hinausgehenden medizinischen Qualifikation zu alarmieren und einzusetzen. Beispiele hierfür sind die First Responder der Feuerwehren sowie die Rettungsdienstregion Ostsachsen.

Experimentierklausel für innovative Ansätze im Rettungsdienst

Eine neu im Gesetz verankerte Experimentierklausel ermöglicht Modellvorhaben zur Erprobung innovativer Konzepte zur Verbesserung der rettungsdienstlichen Versorgung – zum Beispiel im Bereich der Telemedizin.

Optionale Bereichsausnahme lässt Aufgabenträgern bei Ausschreibungen der Rettungswachen mehr Spielraum

Den Aufgabenträgern des Rettungsdienstes in Sachsen soll damit – unter Beachtung der sonstigen rechtlichen Rahmenbedingungen – ermöglicht werden, selbst über die Art des Verfahrens zu entscheiden, das zur Auswahl der jeweiligen Leistungserbringer führt.

Weitere Ergänzungen und Anpassungen

  • Kinder- und Jugendfeuerwehren erhalten erstmals einen eigenen”Paragraphen und können auch gemeinsam betrieben werden – dies unterstreicht die Bedeutung der Jugendarbeit.
  • Landeseinheitliche Stundensätze für die Berechnung des Kostenersatzes bei Feuerwehreinsätzen werden eingeführt. Dies erleichtert den Kommunen den Verwaltungsaufwand für die Kostenkalkulation erheblich.
  • Neue Kostentatbestände werden unter anderem für Einsätze wegen ungeprüfter Fehlalarmierung im Rahmen bestimmter E-Call-Funktionalitäten von Kraftfahrzeugen und ungeprüfter Weiterleitung von Fehlalarmen automatischer Brandmeldeanlagen aufgenommen.
  • Straffung der Regelungen zur Gefahren- und Risikoanalyse und zur Erstellung von Katastrophenschutzplänen, einschließlich der landesweiten Katastrophenschutzplanung.
  • Die oberste Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörde kann eine landesweite Materialbevorratung für den Katastrophenfall einrichten und unterhalten – damit werden die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie in das Gesetz aufgenommen.
  • Das Gebot der unparteiischen Dienstausübung der Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren wird durch die Konkretisierung des Begriffs »Eignung« unterstrichen – eine präventive Maßnahme, um auf mögliches Fehlverhalten besser reagieren zu können.
  • Die Landesfeuerwehrschule unterstützt die Aus- und Fortbildung der Kreisbrandmeister durch die Erstellung einheitlicher Aus- und Fortbildungsunterlagen.