Start Erzgebirge MDR: Neues Asylrecht wird nicht umgesetzt!
Artikel von: Sven Günther
20.11.2015

MDR: Neues Asylrecht wird nicht umgesetzt!

Reichen Sachleistungen für Asylbewerber aus?

Von Sven Günther
Sachsen. Der Mitteldeutsche Rundfunk berichtete, dass in den Erstaufnahmeeinrichtungen Sachsens weiter 143 Euro Taschengeld monatlich an Asylbewerber ausgezahlt werden. Dabei sollte das mit Wirkung vom 1. November durch Sachleistungen ersetzt werden. Die Verantwortlichen der Wohlfahrtsverbände sagten dem Sender, die Neuregelung sei lebensfremd und unökonomisch.
Sachsens CDU-Fraktionschef Frank Kupfer in einem MDR-Interview: “Wir wollten damit Anreize abschaffen, damit Flüchtlinge, die keine Bleiberecht haben, gar nicht erst zu uns kommen. Diejenigen, die mit Recht hierher kommen, also die Bürgerkriegsflüchtlinge insbesondere, werden auch mit Sachleistungen zufrieden sein.”
Ein Passus legitimiert das Verhalten der Erstaufnahmebetreiber. Wenn Personal- und Kostaufwand in keinem Verhältnis stehen, muss man das Gesetz nicht umsetzen. Kupfer im MDR: “Ich habe Verständnis. Aber ich erwarte, dass das, was die Politik möchte, auch umgesetzt wird.” Und weiter: “Wenn man jetzt sagt, es wäre ein zu hoher Aufwand und zu viel Bürokratie, dann muss man eben darüber nachdenken, wie man den Aufwand verringert. Es muss nicht mehr Personal bedeuten, wenn man kluge Ideen entwickelt, wie man auf Sachleistungen umstellen kann.”
So könnte sich Kupfer vorstellen, Asylbewerbern Chipkarten mit einem Guthaben zu geben, “das dann bei Aldi oder Lidl wieder abgebucht wird”.”

 

Ulrike Kahl, Vorsitzende Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Erzgebirgskreis: “Es war von vornherein klar, dass das Gesetz nicht umzusetzen ist. Der Verwaltungsaufwand und die Kosten für die Umstellung auf Sachleistungen sind einfach deutlich zu hoch. Das hätte man wissen können. Auch die Einführung von Chip-Karten ist nicht praktikabel, weil es einfach zu viele Stellen gibt, an denen man nicht damit bezahlen kann. Ich denke da nur an den öffentlichen Nahverkehr, auf den die Asylbewerber angewiesen sind.”

Marco Wanderwitz, der CDU-Bundestagsabgeordnete aus Stollberg, sagte zu  ww.wochenendspiegel.de: “Ich habe keinerlei Verständnis, dass diese wichtige bundesgesetzliche Regelung zum Abbau von Fehlanreizen, die wir SPD und Grünen mühselig abgetrotzt haben, nun nicht schnell umgesetzt wird. Ich erwarte, dass die Staatsregierung, in deren Zuständigkeitsbereich die Erstaufnahmen liegen, darauf dringt, dass dies geschieht. Ggf. muss man sich eben auch von Betreibern trennen. Der Freistaat hat den neuen Regelungen im Bundesrat schließlich zugestimmt, und auch die CDU-Landtagsfraktion hatte diese Forderung erhoben.”

Wolfgang Gunkel, SPD-Bundestagsabgeordneter für den Erzgebirgskreis: “Das Gesetz ist beschlossen, die Umsetzung obliegt nun den Ländern. Darauf habe ich keinen Einfluss.”

Carsten Hütter, Vize-Chef der sächsischen AfD und AfD-Landtagsabgeordneter aus Marienberg: “Ein Gesetz ist nur so gut, wie es umgesetzt wird. Im Fall des neuen Asylgesetzes zeigt sich entweder, dass die Regierung keinen Überblick über die tatsächliche Situation vor Ort hat. Oder aber, dass sie nicht in der Lage ist, Gesetze durchzusetzen. Es passt im Übrigen natürlich bestens zu dem Schlingerkurs in Sachen Asyl, den die Herrschaften seit Monaten fahren. Keine Klarheit! Keine Konsequenz! Wenn ich in ein Gesetz, das einem Notstand abhelfen soll, Ausstiegsklausen schreibe, muss man sich auch nicht wundern, wenn diese genutzt werden. Das Lamento der CDU ist heuchlerisch, wie die ganze Haltung in der Asyldebatte. Das zeigt sich besonders daran, dass sie unseren Antrag auf eine klare Regelung des Asylrechtes im Landtag abgelehnt hat, munter Seit an Seit mit SPD, Linken und Grünen marschiert und auf des Volkes Stimme keinerlei Rücksicht nimmt.”

Klaus Tischendorf, Landtagsabgeordneter und Kreisvorsitzender Erzgebirge der Partei “Die Linke” aus Lugau: “De Diskussion, warum das Taschengeld weiterhin ausgezahlt wird, ist der aktuellen Situation nicht würdig. Wer glaubt, dass Menschen nicht mehr aus Kriegsgebieten flüchten, wenn sie in Deutschland kein Taschengeld mehr ausgezahlt bekommen, lebt  doch wohl völlig an der Realität vorbei. Menschen flüchten, weil sie um ihr und das Leben ihrer Familien fürchten.
Ich kann den Betreibern der Flüchtlingsheime nur recht geben, dass sie diesen bürokratischen Aufwand nicht umsetzen. Wir sollten uns lieber darauf konzentrieren, dass die Kommunen die schwierige Aufgabe stemmen können, alle bei uns ankommenden Flüchtlingen im Winter eine feste Unterkunft zur Verfügung zu stellen. Es geht darum, dass jeder von uns an seinem Platz mit seinen Möglichkeiten mithilft, die schwierige Situation zu bewältigen. Das gilt auch für uns Politiker. Egal welcher Partei man im demokratischem Spektrum angehört.”