Start Zwickau Mehr Geburten - weniger Hebammen
Artikel von: Redaktion
12.07.2017

Mehr Geburten – weniger Hebammen

Ist mit dem Baby alles in Ordnung? Hat die frisch gebackene Mama Probleme oder Fragen? Hebamme Juliane Ernst (hinten) zu Besuch bei Nancy Münch und ihrer Tochter Sophia. Foto: Alice Jagals

Landkreis. Die Deutschen haben wieder mehr Lust. Lust auf Nachwuchs. Wie das Statistische Bundesamt Ende vergangenen Jahres verdeutlichte, kamen 2015 erstmals nach 33 Jahren wieder mehr Kinder zur Welt. Demnach liegt der Schnitt bei 1,5 Kindern pro Frau. Bei den Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit stieg sie dagegen deutlich von 1,86 auf 1,95 Kinder je Frau und trug damit zum Anstieg der zusammengefassten Geburtenziffer aller Frauen wesentlich bei. Das Land mit der höchsten zusammengefassten Geburtenziffer von 1,59 Kindern je Frau war Sachsen.

Doch der Trend zeichnet sich nur auf dem Papier ab. Auch beim Spazierengehen hat man das Gefühl, es kommen einem viele Schwangere und Kinderwagen entgegen. WochenENDspiegel hat mal in den Geburtskliniken im Landkreis nachgehakt und tatsächlich: Die Zahlen entwickeln sich gleichbleibend bis steigend. „Im DRK Krankenhaus Lichtenstein steigen die Geburtenzahlen weiter. Nachdem 2016 erstmals wieder über 500 Geburten (515) erreicht wurden, ist 2017 ein weiterer positiver Trend zu verzeichnen. Die 250. Geburt fand am 22. Juni statt und damit zehn Tage eher als 2016“, sagt Sandra Schlömer vom DRK Krankenhaus Lichtenstein.

Doch ein Problem haben alle Krankenhäuser: Sie brauchen mehr Personal.

Kinderärzte und Hebammen sind Mangel-“Ware“. Wer eine Hebamme zur Betreuung währen und nach der Schwangerschaft möchte, muss sich bereits im ersten Schwangerschaftstrimester darum kümmern.

Während die in der Geburtshilfe tätigen freiberuflichen Hebammen mit hohen Haftpflichtversicherungsbeiträgen von derzeit 7.600 Euro jährlich zu kämpfen haben (ohne Geburtshilfe zwischen 200 bis 500 Euro), steigt vor allem bei den in Kliniken Angestellten der Stresspegel, denn je weniger Hebammen es gibt, umso mehr müssen die wenigen machen. Und Geburten lassen sich nun einmal nicht planen.

„Hebammen verdienen trotz wesentlich höherer Verantwortung, mehr Stress und Schicht-/ Feiertagsarbeit weniger als freiberufliche Hebammen“, sagt Oberarzt Dr. Uwe Schröter. „Im Kliniksbetrieb sind flexible Arbeitszeiten schlecht umsetzbar – aber vermutlich erlernen oft die falschen jungen Leute den Beruf der Hebamme, d.h. sie haben falsche Vorstellungen vom Beruf. Hebammenarbeit ist in erster Linie Arbeit im Kreissaal bei der Betreuung der werdenden Mutter“, macht er aufmerksam. Sein Lösungsansatz: „Die jungen Hebammen sollten nach ihrer Ausbildung für fünf Jahre zur Arbeit im Kreißsaal verpflichtet werden und nicht in die Freiberuflichkeit gehen dürfen. Diese jungen Frauen nehmen nämlich denen den Ausbildungsplatz weg, die gern im Kreißsaal arbeiten möchten.“