Artikel von: Redaktion
05.12.2023
Mein erster Weltcupsieg!
Zwei Schanzen, zwei Springen, zwei Erfolge
Als Französin bin ich ja von Haus aus auf Dreifarbigkeit geprägt. Schon in der Grundschule vertieft man sich in das Thema der „ drapeau tricolore“, unserer Landesfahne, deren Weiß die Farbe des Königs und die Farben Rot und Blau, die unserer Hauptstadt Paris sind. Nach dem Weltcupauftakt im norwegischen Lillehammer liebäugele ich ausnahmsweise mal nicht mit Dreifarbigkeit und auch nicht mit rot, weiß oder blau, nein, ich erfreue mich an einem strahlenden Gelb, das ich nach der Siegerehrung am Sonntag bekam und das anzeigt, dass ich Norwegen als Führende im Gesamtweltcup verlassen darf.Zwei Schanzen, zwei Springen, zwei Erfolge – nachdem ich auf der Normalschanze am Samstag Zweite wurde, gelang mir einen Tag später tatsächlich mein erster Weltcup-Sieg auf der Großschanze bei Sonnenschein und blauem Himmel – ich bin überglücklich!
Ich sitze in meinem keinen Hotelzimmer und genieße still mein Glück; vor mir verströmt ein Tee namens „Ragnar“, der zwar norwegisch klingt, aber aus Deutschland kommt, ein betörendes Aroma von frischen Erbbeeren und frischer Minze. Tee ist ein wichtiger Begleiter in den kalten Tagen von Lillehammer und ich habe auf Weltcupreisen immer eine große Box, voll von Kräutertees und Sport-Tees mit. Langsam trinke ich mit geschlossenen Augen. Meine Gedanken gehen an den Sommer zurück, die Kernzeit der Vorbereitungen auf die Wintersaison.
Alles lief gut an und ich hatte das Gefühl an allen wichtigen Punkten meines Flugsystems besser zu werden. Die Sommer -Grand-Prix-Serie bestätigte dies. Voller Spannung reiste ich dann zu einem letzten, weltcupvorbereitenden Lehrgang nach Lillehammer an, um auf den Schanzen der ersten Wettkämpfe zu trainieren. Alles gestaltete sich sehr gut. Der Plan war, nach dem Trainingslager noch einmal nach in die Berge von Chaux-neuve zurückzukehren, um dann in den Weltcupwinter zu starten. Doch dieses Vorhaben wurde durchkreuzt durch eine Corona-Infektion meiner Eltern. Die Würfel waren gefallen. Eine eigene Infektion wollte ich nicht riskieren. Also keine Rückreise nach Frankreich mit einem letzten Auftanken von Ruhe und Entspannung vor dem Start in die Saison, nein Verbleib in Norwegen und weitere Trainingstage auf den Schanzen. Sowohl auf der Normalschanze als auch auf der Großschanze kam ich konstant sehr gut zurecht.
Die vielen kleinen Generalproben verdichteten sich dann zu einer gelungenen Premiere. Auf beiden Schanzen gelangen Sprünge, die von Schanzentischabsprung, Übergang in die Flugphase und Landung her aus einem Guss waren. Die Weiten stimmten und führten am Samstag zum Podiumsplatz, über den ich mich schon riesig gefreut hatte. Nach dem ersten Durchgang am Sonntag dann die Führung, Nervenkitzel pur, als letzte des Wettbewerbs oben stehen, ich war sehr fokussiert, Anfahrt, Abdruck und dann ein langer Flug zum ersten Weltcupsieg.
Herzliche Grüße
Josephine Pagnier