Start Zwickau Nächste Woche ziehen die ersten Flüchtlinge ein
Artikel von: Redaktion
27.11.2015

Nächste Woche ziehen die ersten Flüchtlinge ein

Schön, dass Sie da sind - Der Satz bleibt auch jetzt bestehen. Am Dienstag kommen die ersten Asylbewerber in den ehemaligen Max Bahr Baumarkt. Foto: Alice Jagals
Schön, dass Sie da sind – Der Satz bleibt auch jetzt bestehen. Am Dienstag kommen die ersten Asylbewerber in den ehemaligen Max Bahr Baumarkt. Foto: Alice Jagals

Zwickau. Ein Bett, ein abschließbarer Schrank und immerhin knapp zehn Quadratmeter, die man mit einem Mitbewohner teilt – So werden die künftigen Bewohner an der Lengenfelder Straße

So schaut eine Kabine aus. Foto: Alice Jagals
So schaut eine Kabine aus. Foto: Alice Jagals

ihr neues Domizil für die kommenden Wochen oder Monate vorfinden. „Luxus wie Fernsehen oder WLan können wir uns in der Situation nicht leisten“, erklärt Pierre Söllner, Regionalvorstand der Johanniter Unfallhilfe, der am heutigen Freitag interessierten Journalisten einen Einblick in die Halle gab.

Besser als eine Turnhalle
Die Organisation betreibt die Notunterkunft im ehemaligen Max Bahr Baumarkt. Durch Trennwände entstanden insgesamt 173 Kabinen für 346 Männer. Alle sind durch eine Tür zu schließen, allerdings nicht abzuschließen. „Dazu haben wir uns aus Sicherheitsgründen entschieden. Habseligkeiten können in den Kabinen befindlichen Räumen abgeschlossen aufbewahrt werden“, sagt Katja Böwe, Pressesprecherin der Johanniter Unfallhilfe. 155 Kabinen sind für zwei Personen, 18 für vier Personen ausgelegt. Überwacht wird das Objekt zum einen durch eine 20-köpfige Security und Kameras. Weiterhin gibt es im Außenbereich neun Container mit Toiletten, Duschen und einem Waschmaschinenraum. Angedacht ist zudem ein Arztpunkt, also eine Anlaufstelle, falls jemand erkrankt. Ob diese Stelle bezahlt wird oder ehrenamtlich absolviert wird, wurde nicht eindeutig gesagt. Allerdings können die Bewohner mittels Behandlungsschein auch einen Arzt aufsuchen.

EIne bestimmte Anzahl an Kabinen hat auch immer einen kleinen "öffentlichen" Mittelpunkt. Foto: Alice Jagals
Eine bestimmte Anzahl an Kabinen hat auch immer einen kleinen “öffentlichen” Mittelpunkt. Foto: Alice Jagals

Hygieneplan untersagt das Putzen durch Bewohner
Im ehemaligen Gartenabteil ist der Essenbereich. Hierzu, wie auch zu den Ruhe- und Duschzeiten, wird es eine Hausordnung geben. Während die Kabinen von jedem selbst sauber gehalten werden müssen, sorgen Reinigungskräfte für saubere Sanitäreinrichtungen und die Küche. „Da es einen Rahmenhygieneplan gibt, der auch die Reinigung mit chemischen Substanzen vorsieht, muss das von Fachpersonal übernommen werden. Bei einer so großen Anzahl an Menschen macht das auch Sinn“, so Söllner.

Unterstützung gibt es von sechs Sozialarbeitern, die den Bewohner mit Rat und Tat zur Seite stehen. Auch ein Helferkreis aus Kirchgemeinden und interessierten Bürgern gebe es bereits. „Sollten die Bewohner Asyl erhalten, sind wir ihnen auch ein Stück weit weiterhin behilflich. Allerding müssen die Menschen auch selbstbestimmt ihren weiteren Weg dann gehen“, betont Pierre Söllner.

Kosten liegen im oberen sechsstelligen Bereich

Im Außenbereich befinden sich die sanitären Einrichtungen in Containerform. Foto: Alice Jagals
Im Außenbereich befinden sich die sanitären Einrichtungen in Containerform. Foto: Alice Jagals

Die Kosten für den Umbau ohne Möblierung liegen nach Aussage von Sylvina Schwarzenberger vom Eigenbetrieb Zentrales Immobilienmanagement im oberen sechsstelligen Bereich. Die Halle wurde vom Landkreis Zwickau für knapp ein Jahr, also bis 30. September 2016 gemietet. Die monatliche Miete für das insgesamt 7.000 Quadratmeter große Areal beträgt 2,85 Euro pro Quadratmeter. „Der Landkreis kann schon gar nicht mehr auf die Kosten schauen. Man hat einfach damit zu tun, passende Unterkünfte zu organisieren“, sagte Ilona Schilk, Pressesprecherin des Landkreises. „Doch die Zusammenarbeit mit allen Beteiligten läuft sehr zuverlässig. Da können wir sehr froh sein.

Wie sich die Situation ab dem kommenden Jahr entwickeln soll, ist noch unklar. Fakt ist allerdings, dass der Landkreis monatlich 1.100 Flüchtlinge unterbringen muss. So erkämpft sich der Landkreis quasi im Fall Mülsen derzeit das Gebäude der ehemaligen Grundschule im Ort. Obwohl der Gemeinderat mehrheitlich gegen die Vermietung an den Landkreis stimmte. Allerdings sind die Kommunen um ihre Mitwirkungspflicht angehalten. Bis das Gebäude für eine Unterkunft brauchbar ist, werden noch etwa drei Monate vergehen.

Pierre Söllner, Regionalvorstand der Johanniter Unfallhilfe gab am heitugen Freitag vor Journalisten einen Einblick in die Notunterkunft. Foto: Alice Jagals
Pierre Söllner, Regionalvorstand der Johanniter Unfallhilfe, gab am heutigen Freitag vor Journalisten einen Einblick in die Notunterkunft. Foto: Alice Jagals

Suche nach Unterkünften wird immer mehr zum Problem
Sobald ein Objekt zur Verfügung steht, muss das Vorhaben geplant, also das Gebäude ausgemessen werden, um einen Bauantrag stellen zu können. Mit der Baugenehmigung erfolgt das Baurecht. Am Beispiel des ehemaligen Schulgebäudes müssen unter anderem sanitäre Einrichtungen und entsprechende Anschlüsse verlegt werden. „Unsere Planer sind nur noch unterwegs, auch an den Wochenenden, um die ganzen Vorhaben voranzutreiben“, erklärt Sylvina Schwarzenberger die derzeitige Situation.

Stadt Zwickau prüft Tauglichkeit des Verwaltungsgebäudes
Wie Zwickau Oberbürgermeisterin Pia Findeiß in ihrer Ansprache zur gestrigen Stadtratssitzung ankündigte, werde derzeit geprüft, ob Teile des Verwaltungszentrums für eine Notunterkunft nutzbar wären. Weiterhin stehe die Verwaltung im ständigen Kontakt zu den städtischen Großvermietern. Bei der Verteilung von monatlich 1.100 Asylbewerbern, müsste die Stadt Zwickau davon 307 aufnehmen.

Doch auch Pia Findeiß machte am Donnerstag eines deutlich: „Ohne die große Hilfsbereitschaft wäre das alles nicht zu schaffen.“ aj