Start Erzgebirge PEGIDA: FDP-Erzgebirge droht mit Austritten
Artikel von: Sven Günther
28.12.2015

PEGIDA: FDP-Erzgebirge droht mit Austritten

Foto: FDP

Von Sven Günther

Aue. Er wartet auf Post, auf einen Brief aus Berlin, auf ein Schreiben vom Bundesvorsitzenden der FDP, Christian Lindner. Bisher waren die Wege zum Briefkasten eine sich wiederholende Enttäuschung für Uwe Stübner, den Ortschef der Liberalen in Aue-Schneeberg: Keine Post vom Boss!

Darum geht es: Stübner wurde vor einigen Wochen per E-Mail vom Bundesvorstand der FDP aufgefordert, in seiner Ortgruppe nach Mitgliedern Ausschau zu halten, die mit PEGIDA sympathisieren. Diese sollten dann zum Austritt aus der Partei aufgefordert werden. Wenn sie nicht freiwillig gehen würden, wäre ein Ausschlussverfahren einzuleiten.

Stübner: „Das Ganze nennt sich Unvereinbarkeitsbeschluss der FDP zu PEGIDA. Das hat die Gemüter der Liberalen im Erzgebirge hochkochen lassen. Ein großer Teil der Parteimitglieder droht mit Austritt.”

Der Kreisverband der FDP machte seine Position in einem Schreiben an das Präsidium des Bundesvorstandens deutlich, schrieb: „Für uns gilt unabänderlich §5 (1) des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland: ‚Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.‘ und wir erwarten, dass dies auch für unser Bundespräsidium gilt! Wir lehnen jede Form von Extremismus ab.”

Der FDP-Ortschef Aue-Schneeberg und Vize-Kreischef Stübner ärgert sich: „Das Schreiben wurde vor über drei Wochen an den Bundesvorstand und Christian Lindner persönlich geschickt! Aber bis heute erfolgte keine Antwort des Bundespräsidiums. Auch nach telefonischer Information der massiven Austrittsankündigungen, gab es keine Antwort des Mitgliedes im Bundesvorstand Holger Zastrow, dem Landesvorsitzender der sächsischen FDP.”

Dabei hatten die erzgebirgischen Liberalen ihren Standpunkt deutlich klar gemacht. Sie schreiben: „Selbstverständlich sollte es unvereinbar sein für jeden freien Demokraten, sich nicht mit Hassparolen und verbalen Entgleisungen mancher PEGIDA-Redner zu identifizieren, oder Gewalttaten gegen wen auch immer gut zu heißen.”

Und weiter: „Allerdings sollte es ebenso selbstverständlich sein für die Führung einer liberalen Partei sich auch in schwierigen Zeiten nicht zu einer Gesinnungsüberwachung per Doktrin hinreißen zu lassen. Einige Ziele und Forderungen von PEGIDA werden ebenfalls von Politikern verschiedenster Parteien geteilt ebenso von nicht wenigen Mitgliedern der FDP, weil sie einfach den Erfordernissen der Realität und den Sorgen der Bürger entsprechen. Es gibt Überschneidungen. ‚Sympathisieren‘ diese Mitglieder dann schon mit PEGIDA? Wo ist die Grenze? Wer legt diese fest?”

Die erzgebirgischen Liberalen fürchten, dass zukünftig Meinungen, die nicht mit der des Präsidiums konform sind, unterbunden werden. Stübner: „Wir kämpfen vielerorts zäh ums politische Überleben, können es uns nicht leisten, Mitglieder derart zu verprellen. Wir hier im Osten haben gedacht, diese Art von Gesinnungsüberwachung hätten wir seit 25 Jahren hinter uns. Das ist ein Affront gegen alle, die sich bisher in einer Partei glaubten, in der die Meinungsfreiheit noch als ein hohes Gut gilt. Die Worte ‚frei‘ und ‚demokratisch‘ im Parteinamen nehmen sich dieser Tage aus, wie ein schlechter Scherz.”

Stübner: „Inzwischen gibt es Signale aus dem Bundesvorstand, dass an einem Antwortschreiben gearbeitet wird.” Das Warten auf Post aus Berlin geht für Uwe Stübner weiter, bis er diesen Brief in den Händen hält.