Start Mittelsachsen Wohnungsmarkt in Mittelsachsen: Not oder Schwemme?
Artikel von: Redaktion
20.01.2016

Wohnungsmarkt in Mittelsachsen: Not oder Schwemme?

Wohnungsmarkt in Mittelsachsen Titelbild
Trotz und auch wegen des Demografiewandels steuert Deutschland auf einen akuten Wohnungsnotstand zu. Hier besteht Handlungsbedarf. Foto: pixabay.com

Mittelsachsen. Insbesondere in Großstädten, Ballungszentren und Universitätsstädten hat sich die Situation auf dem Wohnungsmarkt deutlich zugespitzt. Hier gibt es einen massiven Mangel an bezahlbaren Mietwohnungen.
Nicht nur die Wahrnehmung sondern auch die reale Situation auf dem Wohnungsmarkt in Mittelsachsen ist jedoch eine gänzlich andere. Teilweise akuter Leerstand bestimmt die Bilder in Städten und Gemeinden. Wohin geht also im Landkreis die Reise?
„Von einem Mangel kann hier auf dem Wohnungsmarkt in Mittelsachsen und speziell in Hainichen gar keine Rede sein. Uns ist derzeit kein Bauprogramm bekannt, das sozialen Wohnungsbau fördern würde. Und bevor Neubau angedacht wird: Aktuell laufen noch Rückbauförderungsprogramme vom Freistaat Sachsen. Insofern wäre das ja widersinnig“, erklärte Daniel Klückmann von der Hamburger Kommunale Wohnungen (HKW), die vor rund sieben Jahren den städtischen Wohnungsbestand der Hainichener Wohnungsgesellschaft (HWG) aufkaufte. „Die Mietpreise blieben in den letzten Jahren relativ konstant. Es ist sogar eher noch so, dass die Preise unter Druck stehen. Man muss zusehen, dass man die Mieten halten kann, gibt es bei uns doch keinen Verdrängungswettbewerb wie in Berlin, Frankfurt und so weiter. Der große Leerstand drückt eher noch das Mietpreisniveau“, führte er weiter aus.

Wohnungsmarkt in Mittelsachsen Leerstand
Dem akuten Wohnungsmangel in Großstädten steht enormer Leerstand im ländlichen Raum und Rückbauförderung gegenüber. Foto: pixabax.com

Die Mietpreise auf dem Wohnungsmarkt in Mittelsachsen liegen zwischen 4,50 Euro und 5,50 Euro pro Quadratmeter. Der höhere Mietpreis in Mittweida gründet sich möglicherweise auf dem Status der Stadt als Hochschulstadt. Durch die renommierte Hochschule ist die Stadt sowohl für Studenten als auch für Unternehmer und damit deren Angestellte und Mitarbeiter attraktiv.
Regional – scheinbar je nach Demografiewandel und ebenso wirtschaftlicher Attraktivität – ist auffallend, dass sich auf dem Wohnungsmarkt in Mittelsachsen die Mietpreise je nach Wohnungsgröße verändern. In Burgstädt beispielsweise sind laut Immobilienscout24 die Mietpreise für Einzimmer-Wohnungen seit 2012 tendenziell fallend, für Zwei- und Dreizimmer-Wohnungen gleichbleibend, für Vierzimmer-Wohnungen fallend.

Aktuelle Durchschnittsmietpreise:
Burgstädt: 4,84 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche
Geringswalde: 4,46 € pro Quadratmeter Wohnfläche
Rochlitz: 4,64 € pro Quadratmeter Wohnfläche
Wechselburg: 4,48 € pro Quadratmeter Wohnfläche
Frankenberg: 4,83 € pro Quadratmeter Wohnfläche
Mittweida: 5,31 € pro Quadratmeter Wohnfläche
Flöha: 4,90 € pro Quadratmeter Wohnfläche
Hainichen: 4,73 € pro Quadratmeter Wohnfläche
Penig: 4,70 € pro Quadratmeter Wohnfläche
(Marktmietspiegel nach www.wohnpreis.de)

 

Bund, Länder und Kommunen sind gefordert

Aktuell fehlen in den zehn deutschen Großstädten, die den stärksten Wohnungsmangel haben, mehr als 100.000 Mietwohnungen – rund 17.500 davon allein in Frankfurt am Main und 8.000 in Stuttgart. Wenn der Mietwohnungsbau nicht verdoppelt wird und auf mindestens 130.000 neue Wohnungen pro Jahr ansteigt, dann wird sich die Mietwohnungslücke drastisch vergrößern: In fünf Jahren werden dann 400.000 Mietwohnungen bundesweit fehlen. Unterm Strich bedeutet dies somit, dass bis 2017 insgesamt 825.000 Mietwohnungen neu gebaut werden müssen.
In Deutschland fehlen 4 Millionen Sozialwohnungen. Nur jeder fünfte finanzschwache Haushalt hat derzeit überhaupt die Chance, eine Sozialmietwohnung zu bekommen. „Wir errechneten einen aktuellen bundesweiten Bedarf von rund 5,6 Millionen Sozialwohnungen. Derzeit sind allerdings lediglich 1,6 Millionen auf dem Wohnungsmarkt verfügbar“, heißt es in einem aktuellen Bericht des ISP Eduard Pestel Instituts für Systemforschung.
Bei den Sozialwohnungen klafft eine enorme Lücke. In den vergangenen zehn Jahren sind im Schnitt 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr vom Markt verschwunden, dies ist eine dramatische Entwicklung. „Wenn der Aderlass bei den Sozialwohnungen sich mit diesem rasanten Tempo fortsetzt, dann werden wir bereits Ende dieses Jahres die 1,5-Millionen-Marke unterschreiten“, heißt es in dem Bericht weiter.
Verantwortlich dafür ist einerseits die Tatsache, dass immer mehr Wohnungen aus der Mietpreisbindung heraus fallen. Andererseits werden gegenwärtig nur rund 30.000 Sozialwohnungen mit Preis- oder Belegungsbindungen in den Markt gebracht, davon nur noch rund 10.000 neu gebaute Sozialmietwohnungen. Um wenigstens den aktuellen Bestand von 1,6 Millionen Sozialwohnungen zu halten, braucht man jährlich mindestens 130.000 neue Wohneinheiten.
„Deutschland braucht einen „Masterplan für den sozialen Wohnungsbau“. Hier sind der Bund, die Länder und die Kommunen gleichermaßen gefordert“, so das Fazit des Pestel-Instituts.
Dass der Wohnungsmarkt in Mittelsachsen durch den Flüchtlingsstrom ebenso strapaziert wird, steht außer Frage. Aber auch dahingehend scheint man keinen Notstand zu befürchten. Beim Bürgermeistergespräch am 14. Januar 2016 verlautbarte zum Beispiel die Stadtverwaltung Freiberg, dass es keinen sozialen Wohnungsbau geben werde.