Start Chemnitz Da qualmten die Köpfe…
Artikel von: Sven Günther
25.04.2024

Da qualmten die Köpfe…

Dr. Melanie Hühn präsentiert die beiden Räucherfi guren „Burning Gender“ (l) und „Empowerella“, die im Rahmendes Projektes „The Smoking Chemnitzer:in“ entstanden. Foto: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt

Sieben Studenten entwarfen Räucherfrauchen für marginalisierte Gruppen

Chemnitz. In den kulturell vielfältigen Großstädten wird Beifall geklatscht, während im Erzgebirge Skepsis durch Kopfschütteln ausgedrückt wird. Die Reaktionen auf die gendergerechten Räucherfiguren sind geteilt: „Auf die gendergerechten Räucherfrauen haben wir schon lange gewartet. Endlich wird Volkskunst modern“, sagen die einen. „Vergreift Euch nicht an unserer Tradition“, entgegnen die anderen.

Das von der TU Chemnitz mit 5.000 Euro aus dem Kulturhauptstadt-Fonds unterstützte Projekt „The Smoking Chemnitzer“, geleitet von Dr. Melanie Hühn, hat sich der Erforschung der Tradition von Räuchermännchen aus dem Erzgebirge gewidmet und dabei gleichzeitig neue Räucherfiguren entworfen, die Frauen und andere marginalisierte Gruppen aus Chemnitz in den Mittelpunkt rücken.

Die ersten Entwürfe der Studenten, die dann in vier Räucherfrauen mündeten, die am Tag der offenen Tür (27. April, 14 bis 18 Uhr) am Campus noch einmal zu sehen sein werden. Foto: TU Chemnitz

Sieben Studenten haben kreative Ideen entwickelt und vier neue Räucherfrauen entworfen, die von dem Schneeberger Holzgestalter Markus Weber realisiert wurden: die Musikerin „Empowerella“, die queere Figur „Burning Gender“, eine „vietnamesische Pflegefachfrau“ und eine kritische Professorin. Diese modernen Interpretationen traditioneller Volkskunst spiegeln eine Erweiterung der kulturellen Vielfalt und die gesellschaftliche Entwicklung wider.

Studentinnen machen das Ungesehene sichtbar

Wichtig ist, dass darüber gesprochen wird… Nimmt man diesen Grundsatz der Kunst als Grundlage und mischt das Motto „C the Unseen“ (Das Ungesehene sichtbar machen) von „Chemnitz2025“ dazu, dann erfüllt das Projekt „The Smoking Chemnitzer“ alle Erwartungen. Denn: Die Entwürfe sorgen für Diskussionen, sorgen aber so eben auch dafür, dass das Thema überhaupt diskutiert wird.

Die vietnamesische Pflegekraft…

Sieben Studenten der TU Chemnitz stellten sich die Frage: Warum sind Frauen in der Gilde der Räuchermännchen und in der erzgebirgischen Volkskunst unterrepräsentiert? Tatsächlich kennt man Könige, Jäger, Husaren, Meister, sogar Türken, Gnome und allerlei Handwerker als Nußknacker oder räuchernde Gesellen. Frauen entspringen nur selten den erzgebirgischen Drechselbänken. Ein Jahr lang befassten sich die Studenten mit der Problematik, setzten sich mit den Themen „Tradition“, „Gender“, „Stereotype“ und „Repräsentationen“ auseinander, besuchten „Männelmacher“ in ihren Werkstätten.

…und die Professorin sind weitere zwei Figuren, die von den Studenten entworfen wurden. Warum die Vietnamesin raucht? Keine Ahnung. Hauptsache, SIE denken drüber nach…

Schließlich entstand die Idee: Wenn schon Frauen als Räuchermännchen, dann Vertreterinnen marginalisierter Gruppen. Vier wurden ausgemacht: „Frauen in der Wissenschaft“, „Queer sein in Chemnitz“, „Frauen in der Musikbranche“ und „Migrantinnen in der Altenpflege“. Diese Teilprojekte wurden abschließend in Form von vier neuen Räucherfiguren symbolisiert.

„Unser Ziel war es, marginalisierte Gruppen sichtbar zu machen und im regionalen Kunsthandwerk das Bewusstsein für Themen der Repräsentation und Stereotypen zu stärken“, erklärt Martin Liebau, einer der Studierenden der Projektgruppe. Ziel erreicht!