Start Chemnitz Denise Herrmann zwischen Leberkässemmel und Windbeutelgräfin
Artikel von: Sven Günther
28.02.2022

Denise Herrmann zwischen Leberkässemmel und Windbeutelgräfin

Denise Herrmann. Foto: Team Deutschland/Frank May

Köstlichkeiten vom Star-Koch

Von Sven Günther
Region. Kaum da und schon wieder weg. Nach den Olympischen Spielen ist vor den Weltcup-Wettkämpfen. Biathletin Denise Herrmann hat sich nur wenige Tage Pause gegönnt, in ihrer Wahlheimat Ruhpolding Kraft getankt.
Im WochenENDspiegel-Interview verrät sie, warum sie sich auf eine Leberkäs-Semmel gefreut hat, warum chinesische Kochplatten tückisch sind und warum sie um das Restaurant “Windbeutelgräfin“ zunächst einen großen Bogen joggt.

WOCHENENDSPIEGEL:
Gold im Einzel, Bronze mit der Mannschaft. Deine Bilanz der Olympischen Spiele ist sehr gut. Hast Du noch Lust auf die weiteren Wettkämpfe?

DENISE HERRMANN:
Ja. Jetzt werden dann die letzten Körner der Saison verbrannt. Es geht erst zum Weltcup nach Kontiolahti, dann nach Otepää in Estland und schließlich zum Finale an den Holmenkollen in Oslo. Ich freue mich auf die Wettkämpfe, auch wenn die Olympischen Spiele viel Energie gekostet haben.

WOCHENENDSPIEGEL:
Keine Zeit für Belohnungen?

DENISE HERRMANN:
Nur für kleine. Der Empfang am Flughafen in Frankfurt am Main war schon klasse. Dann das Willkommen in Ruhpolding, wo ich endlich wieder in eine meiner geliebten Leberkäs-Semmeln beißen konnte, mich gefühlt zwei Tage lang von Kuchen und Eierlikör-Krapfen ernährt habe. Aber keine Angst, inzwischen habe ich wieder auf Normal-Ernährung umgestellt, sodass ich für den Rest der Saison fit bin.

WOCHENENDSPIEGEL:
Glückwünsche kamen sicher auch aus der Emotions-Heimat?

DENISE HERRMANN:
Aus dem Erzgebirge. Natürlich. Mein Handy stand nach den Erfolgen nicht still und meine Eltern waren beim Empfang in Frankfurt dabei. Ich bin immer wieder glücklich, wenn ich meinen idyllischen Heimatort Bockau fahren und in aller Abgeschiedenheit am Buchberg meine Runden drehen kann.

WOCHENENDSPIEGEL:
Ist der Biorhythmus wieder auf MEZ eingestellt?

DENISE HERRMANN:
Das war kein Problem. Wir hatten ja versucht, auch in China in unserem Rhythmus zu bleiben. Deshalb sind wir immer erst um eins oder zwei ins Bett gegangen, gegen 12 Uhr aufgestanden. So konnten wir erst relativ spät nach Peking reisen, haben uns in Antholz in aller Ruhe vorbereiten können. Das war wichtig. Schließlich arbeitet man vier Jahre auf diesen Höhepunkt hin, der körperlich und emotional sehr anstrengend ist.
Umso mehr leidet man mit, wenn Athleten – wie Julia Taubitz – Pech haben, ihre Ziele nicht erreichen. Umso mehr freut man sich aber auch, wenn man miterleben kann, wie andere Erfolge feiern.

Empfang am Flughafen Frankfurt/Main. Auf dem Foto: Susanne Wick,  Jeanette Herrmann, Denise, Thomas Wick und Lutz Herrmann (v.l.). Foto: privat

 

WOCHENENDSPIEGEL:
Den Olympiasieg der deutschen Teamsprintstaffel mit Katharina Hennig und Victoria Carl hast Du ja sogar während eines Live-Interviews miterleben können. Deine Sätze: “Die sind ja verrückt geworden. Wahnsinn was hier abgeht!” können legendär werden. Waren das auch die Feierlichkeiten nach den Erfolgen?

DENISE HERRMANN:
Naja, so richtig kapiert hatte wohl keiner, was da passiert ist. Dazu kamen Interviews, Dopingkontrolle und die vielen Nachrichten aus der Heimat. Später haben wir dann aber schon ein wenig von Partystimmung der Langläuferinnen aufschnappen können, die mit ihren Betreuern getanzt und gesungen haben.
Wir hatten ja noch den Massenstart zu bestreiten. Dazu kommt, dass die Bronzemedaille mit der Staffel mich emotional aufgewühlt hat. Etwas mit der Mannschaft zu gewinnen, ist ein ganz besonderes Erlebnis. Man ist müde und findet trotzdem schlecht in den Schlaf.

WOCHENENDSPIEGEL:
Du warst in Sotschi, Pyeongchang und Peking bei Olympischen Spielen. Wie hat Dir China gefallen?

DENISE HERRMANN:
An den Corona-Schutzmaßnahmen kann man es nicht festmachen. Die wären in allen anderen Ländern die gleichen gewesen. Ich fand es schön, dass wir in kleinen Bauden und nicht in riesigen Blöcken untergebracht waren. Leider ist es eben nicht mehr so, dass man viele Athleten von anderen Sportarten kennenlernt. Aber das war auch schon in Sotschi oder Pyeongchang nicht der Fall. Die Bedingungen in Peking waren, gut, die Unterkünfte großzügig und die Menschen freundlich. Wir waren eben in unserer Blase, haben das Beste daraus gemacht.

WOCHENENDSPIEGEL:
Das heißt?

DENISE HERRMANN:
Wir sind zum Beispiel nicht immer in den Speisesaal zum Essen gegangen, haben auch mal was auf den Zimmern gebrutzelt. Allerdings war es eine echte Herausforderung, die chinesische Kochplatte ohne Bedienungsanleitung in Gang zu bekommen, ohne dass alles in die Luft fliegt.
Außerdem hat uns Koch Christian Schlösser* hin und wieder Köstlichkeiten gezaubert.

WOCHENENDSPIEGEL:
Hattest Du Zeit für die 22:10-Uhr-Tanzeinlage mit den Langläuferinnen im Quartier, von der Katharina Hennig im WochenENDspiegel-Interview berichtet hat?

DENISE HERRMANN:
Natürlich, das haben wir uns nicht nehmen lassen. Unsere Zimmer waren ja auf einem Flur und da blieb es nicht aus, dass auch mich die eine oder andere Melodie an den Hüften gepackt hat.

WOCHENENDSPIEGEL:
Du bist als Einzel-Olympiasiegerin aus China zurückgekommen. Beeinflusst das Deine Karriereplanung?

DENISE HERRMANN:
Fest steht: Es geht nicht mehr höher. Keinen Millimeter! Und klar ist auch: Ich werde bei den Olympischen Spiele 2026 in Antholz dabei sein, weil ich dort die schönsten sonnigen Stellen kenne. Will heißen: Ich werde Zuschauer oder in einer anderen nichtaktiven Funktion dort sein.
2023 gibt es die WM in Oberhof. Auch das gilt es zu bedenken. Am Ende muss ich sagen, dass ich bisher viel erreicht habe und jetzt den Moment für mich finden muss, wo das Karriereende eine runde Sache ist. Den Zeitpunkt kenne ich aber noch nicht.

WOCHENENDSPIEGEL:
Für Dein Privatleben gibt es den Zeitpunkt bereits…

DENISE HERRMANN:
Ja. Wir werden im September heiraten. Zusammen mit meinem zukünftigen Mann (Thomas Wick, d.Re) planen wir schon länger und hoffen, es wird eine coole Party in Ruhpolding.

WOCHENENDSPIEGEL:
Mit einem Abstecher zur legendären Windbeutelgräfin, dem bekannten Restaurant?

DENISE HERRMANN:
Das ist nicht vorgesehen. Ich will ja nicht, dass mein Kleid platzt 🙂
Ich war schon länger nicht mehr dort, jogge in einem großen Bogen daran vorbei und denke dann an die köstlichen Windbeutel…

*Christian Schlösser ist seit 2006 Koch des Deutschen Skiverbands. Hauptinterviewgast ist der Zwei-Sterne-Koch Bobby Bräuer. Er war bereits Souschef im “Aubergine” bei Eckard Witzigmann und war ab 1994 Küchenchef im “Restaurant Königshof”, für das er einen Michelin-Stern holte.