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Artikel von: Sven Günther
20.10.2023

Der EHV und der Abtönungspartikel

Sperrt die Ohren auf! EHV-Trainer Stephan "Apollo" Just erklärt in einer Auszeit des Spielern, wie sie agieren sollen.
Sperrt die Ohren auf! EHV-Trainer Stephan „Apollo“ Just erklärt in einer Auszeit des Spielern, wie sie agieren sollen. Foto: Frank Kruczynski

Jetzt braucht der EHV die Fans

Lößnitz. Sie haben eigentlich gezeigt, dass sie es drauf haben. Die Zweitligaspieler des EHV Aue agierten im Pokal gegen den Ligarivalen aus Bietigheim-Bissingen-Metternzimmern eigentlich ganz gut. Gegen die Top-Teams von Nordhorn-Lingen und Hamm-Westfalen wären eigentlich sogar Punkte drin gewesen und gegen Lübeck-Schwartau sah das Team von Trainer Stephan „Apollo“ Just eigentlich bis kurz vor Schluss wie der Sieger aus.

Eigentlich. Dieses elende Hintertürchen in der deutschen Sprache. Grammatisch ein Abtönungspartikel, praktisch ein versteckter Hoffnungsschimmer respektive ein letzter noch möglicher Ausweg.
Eigentlich hat der EHV Aue gegen die Spitzenmannschaften keine Chance“, hörte man oft vor der Saison und dachte doch insgeheim, dass etwas gehen könnte.
Eigentlich ist der Kader des EHV Aue gut genug, damit die Mannschaft den Klassenerhalt schafft“, sagten Experten und doch schwang eine Ahnung mit, dass es schwer werden könnte.

Der Kader des EHV

Nach sieben Spieltagen ist es an der Zeit, den Abtönungspartikel zu streichen, das Wort „eigentlich“ zu verbannen. Fakt ist, dass die Spieler des EHV genügend Klasse haben, in der 2. Bundesliga zu spielen. Dass U-21-Weltmeister Mika Sajenev und Staffan Peter einen Tag nach dem desaströsen 32:20-Debakel der Auer beim Turn- und Sportverein Essen-Margarethenhöhe e. V. 1926 (TUSEM) in der ersten Liga mit dem SC DHfK Leipzig, für den sie ein Zweitspielrecht haben, gegen den THW Kiel gewannen und dabei überzeugten, ist nur ein Beleg dafür.

Nicht nur das. Mit Pascal Bochmann und Sveinbjörn Petursson hat der EHV zwei gute Torhüter. Sebastian Paraschiv kann klug Regie führen und ist im Eins gegen Eins stark. Marko Vignjevic spielte für Minden schon in Liga 1, Elias Gansau ist ein gefährlicher Shooter, Julian Jerebie ein Kraftpaket am Kreis und in der Abwehr. Genau wie Petr Slachta, auch wenn der tschechische Nationalspieler zuletzt im Formtief und nicht im Kader war. Zuletzt kam Moritz Schwock vom Kooperationspartner SC DHfK Leipzig. Der 22-jährige Linksaußen wurde kurzfristig mit einem Zweifachspielrecht ausgestattet. Weitere Spieler könnte man positiv betrachten und zu dem Fazit kommen: Eigentlich…. Aber das wollten wir ja lassen.

Es klemmt beim EHV

Fest steht, dass sich in den Köpfen der EHV-Spieler eine Art Mehltau auf das Handballspiel-Verständnis gelegt zu haben scheint. Einfachste Abläufe funktionieren nicht mehr, klarste Chancen werden nicht genutzt, die Defensive zeigt sich mürbe und nicht mächtig. Als hielte ein kleines Teufelchen im EHV-Getriebe die Rädchen fest, holpert und stolpert es auf dem Parkett.

Nachdem es in Essen zur Halbzeit 18:8 stand, entfuhr es EHV-Geschäftsführer Rüdiger Jurke: „So kann man beim besten Willen nicht spielen. Wir fangen ganz gut an, dann geht die Scheiße los. Ich bin stocksauer. Da muss sich jeder hinterfragen. Wir sind in der Abwehr viel zu passiv, die Torhüter halten keinen Ball. Vorn verwerfen wir sechs Hundertprozentige, machen sechs technische Fehler. Das hat was mit B-Jugend zu tun. Ich habe richtig die Schnauze voll.“

Auf Elias Ganau wird es, wie hier gegen Hüttenberg, ankommen, wenn man den VfL Potsdam schlagen will. Foto: Manja Gehlert

EHV fordert den Tabellendritten

Es dauerte bis zum Mittwoch, ehe sich Jurkes Gemüt beruhigt hatte, er auf das nächste Spiel schaute, das zu einer ungewöhnlichen Zeit stattfindet. Am Freitag (20. Oktober) spielt der EHV Aue 20.30 Uhr in Lößnitz gegen den VfL Potsdam. Wieder eine Top-Mannschaft, die derzeit auf dem 3. Platz steht. Trainer ist Bob Hannig, der – so Rüdiger Jurke – es allein schon wert ist, in die Erzgebirgshalle zu kommen. Dazu stehen drei Juniorenweltmeister (Lasse Ludwig, Max Beneke, Moritz Sauter) im Team der Brandenburger. Rüdiger Jurke: „Das wird eine harte Nuss, aber wir spielen zu Hause, haben hier immer ordentliche Leistungen gebracht. Wir wollen alles tun, um die nächsten Punkte zu holen, hoffen auf viele Fans.“ Klar ist: Eine bessere Unterhaltung an einem regnerischen Freitagabend gibt es für Sport-Liebhaber nicht.
Die werden den EHV gegen eine Spitzenmannschaft kämpfen sehen, gegen die die Erzgebirger als Außenseiter einen schweren Stand haben dürften… Eigentlich!!