Start Der EHV und ein Damaskuserlebnis
Artikel von: Sven Günther
13.02.2024

Der EHV und ein Damaskuserlebnis

Überzeugte beim Sieg gegen die Eulen aus Ludwigshafen: Der Serbe Marko Vignjevic erzielte neun Treffer, dirigiert beim EHV in Offensive und Defensive.
Überzeugte beim Sieg gegen die Eulen aus Ludwigshafen: Der Serbe Marko Vignjevic erzielte neun Treffer, dirigiert beim EHV in Offensive und Defensive. Foto: Manja Gehlert

Himmlisch! Der EHV siegt mit neuer Taktik

Lößnitz. Manchmal hilft es, sich eines alten Sprichwortes zu bedienen, will man – selbst wenn es den EHV betrifft – eine Situation treffend beschreiben. So steht „Vom Saulus zum Paulus“ für eine Wandlung um 180 Grad und geht zurück auf den Apostel Paulus, dem ein sogenanntes „Damaskuserlebnis“ widerfuhr. Dabei erschien ihm, Paulus, kurz vor besagter Stadt Jesus, und der Mann fiel zunächst vom Pferd, erblindete drei Tage lang und änderte dann sein Leben komplett. Vom Christenverfolger wurde er zum eifrigen Verteidiger derselben.

Spieler des EHV brauchten Zeit

Den Spielern des EHV Aue erschien der neue Trainer Olafur Stefansson im November. Der war einst als Spieler zwar ein Handballgott, bleibt aber eben nur ein Mensch. So bedurfte es vieler Übungseinheiten, bis sich seine Philosophie vom Geschehen auf dem Parkett in den Köpfen der Akteure manifestierte.
Was dann aber am Freitagabend den Zuschauern beim 37:33-Siegen gegen die Eulen Ludwigshafen geboten wurde, war zum Augenreiben. Elias Gansau nur auf der Bank, Sebastian Paraschiv nur auf der Bank, Julian Jerebie nur auf der Bank, Staffan Peter nur auf der Bank. Die Protagonisten früherer Spiele waren Teilzeit-Arbeiter. Auch von einer defensiven 6:0-Abwehr war nichts mehr zu sehen.
Im Gegenteil. Jan Blecha und Dieudonne Mubenzem agierten auf den Halbpositionen extrem offensiv, während Mika Sajenev und Marko Vignjevic sich um Kreis- und Einläufer kümmerten. Eine von Schnelligkeit geprägte Taktik, die auch die Gäste überraschte, die nach 17 Minuten nur drei Tore erzielt hatten.

Vignejevic dirigiert den EHV

Überhaupt: Marko Vignjevic. Der Serbe war der Dreh- und Angelpunkt im Spiel des EHV Aue. Schon in der Hinrunde konnte man sehen, dass Olafur Stefansson große Stücke auf ihn hält. Der Trainer im WochenENDspiegel-Gespräch: „Ja, ich sehe Marko als einen wichtigen Baustein im Team, sowohl defensiv als auch im Angriff. Seine körperliche Verfassung ist gut, seine Technik ist gut und er ist ein offener, schneller Lerner und ein guter Teamcharakter.“
Gut erkannt! Gegen die Eulen dirigierte Vignjevic nicht nur die Abwehr, er führte auch die Abteilung Offensive an, spielte halblinks oder tauschte mit Mihkel Löpp auf der Rückraum-Mitte die Position. Überzeugen konnte er überall mit einer sagenhaften Leichtigkeit und Torgefahr. Neun Treffer steuerte er bei, traf über die schnelle Mitte, wenn Ludwigshafen ohne Keeper spielte, traf aus dem Rückraum und nach 1:1-Aktionen. Er war einer der Garanten für den Sieg. Doch er war nicht allein. Francisco Pereira, Dieudonne Mubenzem und Jan Blecha machten jeweils fünf Tore.
Nicht zuletzt war es Sveinbjörn Petursson im Auer Tor zu verdanken, dass die Punkte im Erzgebirge blieben. In der entscheidenden Phase des Spiels, der EHV führte in der 53. Minute mit 32:31, konnte er drei wichtige Bälle (inklusive Siebenmeter) halten, hatte sich bis zu diesem Zeitpunkt allerdings nur selten auszeichnen können.

Der EHV verpflichtet Japaner

Dazu kam einer, der ganz neu im Team ist. Kurz vor dem Restart der Saison verstärkte sich der EHV Aue im Kampf um den Klassenerhalt mit dem japanischen Nationalspieler Shin Izumoto. Ein Japaner? Rechtshänder mit der Statur eines Flügelspielers? Der soll den EHV verstärken? Im Rückraum?
In der Vorstellung hieß es: „Bereits im Dezember letzten Jahres gastierte der 21-jährige, variabel einsetzbare, 1,85 m große Rechtshänder im Erzgebirge und stellte sich für eine Woche im Probetraining vor. Er stieg nach den Spielen bei der Asienmeisterschaft und dem Vizemeistertitel Anfang Februar ins Training ein und integriert sich seitdem schnell in die Mannschaft. Am Freitag erhielten die Verantwortlichen des EHV Aue die Spielfreigabe seitens der Handball-Bundesliga. Cheftrainer Olafur Stefansson, welcher eng mit dem ehemaligen Nationaltrainer Japans, Dagur Sigurdsson, befreundet ist, ist überzeugt von den Qualitäten des schnellen Rechtshänders und freut sich über eine weitere Option in Angriff und Abwehr.“
Klang gut, aber Zweifel blieben. Bis die Fans Izumoto spielen sahen. Schnell, technisch stark und extrem wurfvariabel konnte er das Publikum von seiner Qualität überzeugen, warf in der 49. Minute sein erstes Tor zum 27:27 – und ließ vier weitere, teilweise spektakuläre, folgen.

Kurz vor dem Restart der Saison verstärkte sich der EHV Aue mit dem japanischen Nationalspieler Shin Izumoto. Ein schneller Rückraum-Spieler mit der Figur eines Flügelspielers, der gegen die Eulen mit spektakulären Toren überzeugte. Fotos: Manja Gehlert

Stefansson mit EHV zufrieden

Olafur Stefansson freute sich auf der Pressekonferenz: „Wir haben es geschafft, die vielen technischen Fehler, die uns immer wieder getötet haben, zu minimieren. Der Kader ist jetzt auch so breit aufgestellt, dass wir mehrere Spieler haben, die Verantwortung übernehmen können. Das ist für den Verlauf der Saison in der 2. Handballnbundesliga sehr wichtig.“
Dabei konnte man sehen, dass es dem Coach gelungen ist, den Mannschaftsgeist zu schärfen, was man in einer Szene kurz vor Schluss erkennen konnte. Elias Gansau sprang nach einem Treffer Izumotos lächelnd auf den Japaner zu, jubelte mit ihm und motivierte ihn, weitere Aktionen folgen zu lassen.
Rüdiger Jurke war zufrieden: „Es war ein verdienter Sieg nach einer großen kämpferischen Leistung. Schön, wir leben noch. Jetzt fahren wir nach Schwartau und versuchen, auch dort etwas zu holen.“