Start FCE: Der Präsident im Erzgebirge
Artikel von: Sven Günther
14.01.2024

FCE: Der Präsident im Erzgebirge

Roland Frötschner, der Präsident des FC Erzgebirge Aue. Foto: Atelier Lorenz

Nachfolger von Helge Leonhardt

Aue-Bad Schlema. Genauigkeit ist für ihn Lebensinhalt. Roland Frötschner, der Präsident des FC Erzgebirge Aue. Wismut-Jugendkicker, Wismut-Fan, gelernter Zerspaner, Diplom-Ingenieur, Geschäftsmann (Strüder GmbH Schneeberg). Seit November 2022 ist der in Lindenau wohnende der erste Mann beim FCE, ist leiser als sein Vorgänger Helge Leonhardt, spricht aber trotzdem Klartext. Dem WochenENDspiegel gab er dieses Interview.

WOCHENENDSPIEGEL: Das Jahr 2024 liegt vor dem FCE. Zeit für einen Rück- und einen Ausblick. Wie lief 2023 aus Ihrer Sicht wirtschaftlich, was erwarten Sie für die restliche Saison und was mittelfristig?

ROLAND FRÖTSCHNER: Das Jahr 2023 war für uns aus wirtschaftlicher Sicht sehr herausfordernd. Der Verein befand sich in einer sehr schwierigen Situation, die Gründe wurden vielfach genannt und sind nicht über Nacht verschwunden. Es ist uns aber gelungen, den Verein wieder zu stabilisieren und in ruhigeres Fahrwasser zu bringen. Dafür gilt unser Dank allen Sponsoren, Förderern, Mitgliedern und Fans für ihr Verständnis und die Bereitschaft, unsere eingeleiteten Maßnahmen mitzutragen. Die Planungen für die Saison 2024/25 laufen unterdessen bereits auf Hochtouren. Unser Ziel ist es zunächst, den FCE weiter zu konsolidieren. Das ist angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Lage in unserem Land ambitioniert und eine enorme Herausforderung. Die Auswirkungen sind auch für unsere Partner und Zuschauer täglich spürbar.

Crowdfunding-Aktion sorgt für Begeisterung

WOCHENENDSPIEGEL: Wie bewerten Sie die Crowdfunding-Aktion der Fans, mit der der Name „Erzgebirgsstadion“ erhalten werden soll? Die Fans geben ihr Geld dem Verein, anstatt eine höhere Summe von einem Sponsor zu nehmen, der das Stadion dann XYZ-Arena nennen würde. Ist das im Bereich, das Profifußballs nicht blauäugig oder verschafft die Sammel-Aktion dem FCE nur ein weiteres Jahr Zeit, um einen potenten Namensgeber zu finden?

ROLAND FRÖTSCHNER: Es ist großartig zu erleben, wie die Anhänger und Sympathisanten des FCE hinter dem Verein stehen und ihn unterstützen, obwohl alle mit den aktuellen Herausforderungen der fortschreitenden Inflation und allgemeinen Teuerung zu kämpfen haben. Durch die erste Crowdfunding-Maßnahme der Club-Geschichte wurden dem Verein wichtige Mittel zur Verfügung gestellt, die über einen Verkauf des Stadionnamens kaum in diesem Umfang erzielbar gewesen wären. In den vergangenen Jahren in der 2. Bundesliga wurde die Vermarktung des Stadionnamens vernachlässigt, die wesentlich höheren Fernsehgelder führten diesbezüglich offenbar zu einer gewissen Bequemlichkeit. Dass es uns nun in der 3. Liga innerhalb eines Jahres gelungen ist, die Sponsoringeinnahmen um 25 Prozent zu steigern, zeigt das Potenzial und die Strahlkraft des FC Erzgebirge Aue und der gesamten Region. Ausruhen werden wir uns auf dieser erfreulichen Entwicklung aber keinesfalls, wir wollen uns auch in diesem Segment verbessern und Partnerschaften zur gegenseitigen Zufriedenheit mit Leben füllen.

WOCHENENDSPIEGEL: In Ihrer Neujahrsansprache erinnern Sie daran, dass im Erzgebirge seit Jahrhunderten Erfolg nur durch harte mühsame Arbeit erreicht wird und auch weiterhin nur so erreicht werden kann. Ist dieses Denken aus Ihrer Sicht auch in den Köpfen jedes einzelnen Spielers.

ROLAND FRÖTSCHNER: Ja, diesen Eindruck haben wir. Im Sport gibt es immer wieder Phasen, in denen es mal gut und mal weniger gut läuft. Oft entscheiden Nuancen und letztlich Ergebnisse über die Einordnung erbrachter Leistungen. Was wir von unseren Spielern erwarten, ist ausnahmslos immer einhundertprozentiger Einsatz, dann verzeihen die Anhänger auch weniger erfolgreiche Spiele.

Mit Rückblicken ist niemanden geholfen

WOCHENENDSPIEGEL: In den Verein ist nach dem „Leonhardt-Beben“ offenbar wieder Ruhe eingekehrt. Wie stark waren die Eruptionen intern, wie knapp stand der FCE vor dem Aus und gab es inzwischen Gespräche zwischen Ihnen und Helge/Uwe Leonhardt?

ROLAND FRÖTSCHNER: Mit verklärten Rückblicken ist niemandem geholfen. Wie auf der Mitgliederversammlung veröffentlicht, ist die Aufarbeitung der vergangenen Jahre noch nicht abgeschlossen. Auch die Zahlen und Fakten zur wirtschaftlichen Lage wurden da für alle Mitglieder veröffentlicht. Wir leben aber in der Gegenwart, nicht in der Vergangenheit und setzen unsere ganze Kraft für die Zukunft des Vereins ein. Wir sprechen jederzeit mit allen, denen der FCE am Herzen liegt und die dem Verein wohlgesonnen sind. Helge Leonhardt konnten wir zuletzt bei Heimspielen im Stadion begrüßen.

WOCHENENDSPIEGEL: Wäre der FCE finanziell in der Lage, auf eine eventuelle negative sportliche Entwicklung zu reagieren? Sowohl auf dem Feld als auch auf der Bank?

ROLAND FRÖTSCHNER: Wir vertrauen uneingeschränkt der sportlichen Leitung und der aktuellen Mannschaft, dass die selbstgesteckten Ziele erreicht werden. Mit dem erfolgreichen Saisonstart hat sich das Team Vertrauen zurückgeholt. Nun freuen wir uns auf tolle Spiele im Erzgebirgsstadion und verfolgen gespannt, wohin die „Reise“ in dieser Saison noch geht.

WOCHENENDSPIEGEL: Die Kumpelschmiede ist ein Weg, gute Spieler für den FCE auszubilden. Wie ist der Verein da aufgestellt – und wann sehen wir die ersten „Kumpelschmieden-Tore“ im Profibereich?

ROLAND FRÖTSCHNER: Die Kumpelschmiede im aktuellen Umfang weiterzuführen, bedeutet für den Verein einen finanziellen Kraftakt ohne Gewähr in der Aufwand-Nutzen-Relation. Wir haben in der aktuellen Saison Spieler aus dem eigenen Nachwuchs in den Profikader integriert. Ziel und Aufgabe sollte es sein, jährlich Talente „oben“ einzubauen. Dann liegt es an jedem selbst, es geht ausschließlich um das Leistungsprinzip. Die Basis dafür wird mit bestmöglicher Ausbildung gelegt. Wie viele Talente dann tatsächlich in der ersten Mannschaft ankommen, ist schwer zu beantworten oder zu prognostizieren.