Start FCE: Pavel Dotchev im Interview
Artikel von: Sven Günther
11.01.2024

FCE: Pavel Dotchev im Interview

Cheftrainer Pavel Dotchev, Kapitän-Keeper Martin Männel und Sportchef Matthias Heidrich. Drei Männer, die beim FC Erzgebrige Aue Maßstäbe setzen, den Verein auf und neben dem Spielfeld prägen. Foto: Atelier Lorenz

Wie geht es für den FCE weiter?

WOCHENENDSPIEGEL: Das Jahr 2024 liegt vor dem FCE. Zeit für einen Rück- und einen Ausblick. Wie lief 2023 aus Ihrer Sicht sportlich, was erwarten Sie für die restliche Saison und was mittelfristig?

PAVEL DOTCHEV: Wir wissen sehr genau, wo wir herkommen. Vor exakt einem Jahr war die sportliche Situation alarmierend, der Profifußball im Erzgebirge akut gefährdet. Nach geschafftem Klassenerhalt und personellem Umbruch vor der aktuellen Saison haben wir eine sehr solide Hinrunde gespielt, die erbrachten Leistungen hätten sogar noch einige Punkte mehr verdient gehabt. Insofern ist nicht alles eitel Sonnenschein, die Entwicklung stimmt uns dennoch zufrieden und zuversichtlich.

WOCHENENDSPIEGEL: Wird sich das Team noch verstärken, wird es Abgänge geben?

PAVEL DOTCHEV: Es gibt aktuell keinen zwingenden Handlungsbedarf, unser Kader genießt das volle Vertrauen der sportlichen Leitung. Aber natürlich halten wir wie alle Vereine die Augen offen. Wir verspüren keinen Druck, auf dem Transfermarkt tätig zu werden. Das jetzige Aufgebot ist absolut wettbewerbsfähig.

WOCHENENDSPIEGEL: Der FCE begeisterte anfangs mit schnellem Umschaltspiel. Das ist im Verlauf der Saison etwas verloren gegangen. Gibt es dafür Gründe?

PAVEL DOTCHEV: Die Gegner haben Respekt vor unserer Mannschaft, haben sich im Verlauf der ersten Halbserie besser auf uns eingestellt. Für uns bedeutet das, andere Lösungen zu finden, mehr Torgefahr aus allen Mannschaftsteilen zu entwickeln. Das ist ein Prozess, an dem wir täglich arbeiten. Das gilt allerdings auch für die Konkurrenz.

WOCHENENDSPIEGEL: In welchen Bereichen wünschten Sie sich am ehesten Verstärkungen. Experten schätzen ein, dass das offensive zentrale Mittelfeld des FCE zu wenig torgefährlich wäre.

PAVEL DOTCHEV: Der Grat zwischen Kompaktheit und Stabilität einerseits und offensivem Mut samt Risiko auf der anderen Seite ist sehr schmal. Für Torgefahr sind alle zuständig, nicht nur die offensive Mittelfeldzentrale. Chancen zu kreieren auf diesem Niveau ist ein sehr komplexes Thema und ein Schwerpunkt, den wir nicht exklusiv haben. Dazu braucht es nicht immer neue Spieler, sondern die jetzigen sind gefragt.

Was ist mit Sean Seitz?

WOCHENENDSPIEGEL: Einige Fans fragten sich, warum Sean Seitz vor der Winterpause kaum noch zum Zuge kam. Können Sie es Ihnen erklären?

PAVEL DOTCHEV: Sean ist ein sehr junger Mann, der seine erste Drittliga-Saison spielt. Seine Unbekümmertheit litt im Verlauf der Hinrunde unter der eigenen Erwartungshaltung. Er bringt alles mit, um wieder für Furore sorgen zu können.

WOCHENENDSPIEGEL: Ein guter Trainer muss auch Kritik aushalten können. Was sagen Sie zu den Vorwürfen, gegen Verl und Köln Punkte durch falsche Wechsel eingebüßt zu haben?

PAVEL DOTCHEV: Der Fußball bezieht seine Popularität auch daraus, dass jeder mitreden und diskutieren kann. Ich kann damit gut leben und weiß aus eigenem Erleben: hinterher ist man immer schlauer …

WOCHENENDSPIEGEL: Wie weit können Sie mit dem aktuellen Kader Ihre fußballerische Wunschvorstellung umsetzen?

PAVEL DOTCHEV: Es geht nicht um Wunschvorstellungen oder Ideale. Jeder Trainer ist bestrebt, seine Vorgaben an die Fähigkeiten und Qualität der Mannschaft anzupassen, nicht umgekehrt.

WOCHENENDSPIEGEL: Die Kumpelschmiede ist ein Weg, gute Spieler für den FCE auszubilden. Wie ist der Verein da aufgestellt – und wann sehen wir die ersten „Kumpelschmieden-Tore“ im Profibereich?

PAVEL DOTCHEV: Wir haben einige blutjunge Kicker aus der Kumpelschmiede in die Mannschaft integriert, sie dürfen sich täglich mit gestandenen Profis im Training messen und wollen sich für höhere Aufgaben empfehlen. Die Tür steht weit offen. Hindurch gehen muss jeder mit entsprechender Leistung.