Start Chemnitz Industriekultur zum Leben erwecken
Artikel von: Redaktion
25.11.2015

Industriekultur zum Leben erwecken

Die aktuelle Industriebrache soll neugenutzt werden. Neben Wohn- und Gewerberäumen könnten hier auch Veranstaltungen stattfinden. Foto: bit
Die aktuelle Industriebrache soll neugenutzt werden. Neben Wohn- und Gewerberäumen könnten hier auch Veranstaltungen stattfinden. Foto: bit

Chemnitz-Altendorf. 1999 rollte im Rahmen einer TV-Serie der letzte D-Zug durch den Altendorfer Bahnhof, seitdem liegt das Industrieareal am Pleißenbach brach und verfällt in einen Dornröschenschlaf.

Seit vergangenem Jahr nun aber gibt es Diskussionen über die Wiederbelebung des ehemaligen Güterbahnhofes. In ersten Bürgerforen und Bürgerwerkstätten konnten sich die Anwohner mit Ideen zur neuen Konzeption einbringen.

An Dienstag fand im Gemeindesaal der St. Matthäuskirche ein neuerliches Forum statt, bei dem mehr als 60 Altendorfer und Interessierte die Gelegenheit nutzen, sich über die aktuellen Planungsideen zu informieren.

Der Entwurf des Architektenbüros zeigt die geplante Bebauung und Nutzung des Areals. Foto: ihst
Der Entwurf des Architektenbüros zeigt die geplante Bebauung und Nutzung des Areals. Foto: ihst

Planungsbüro aus Leipzig präsentiert umfassenden Entwurf für gesamtes Areal

Michael Rudolph, Architekt und Geschäftsführer des Architektenbüros Station C 23 aus Leipzig präsentierte die neue Entwurfsidee, bei der auch die Anregungen aus der Bürgerwerkstatt vom Juli dieses Jahres mit einflossen.

“Unser Grundsatz ist die Entwicklung im Bestand, dass heißt das gesamte Areal im Stufenmodell aus den aktuellen Gegebenheiten heraus zu entwickeln,“ so Michael Rudolph, der mit seinem Planungsbüro durchaus schon Erfahrung auf diesem Gebiet hat, als Architekt des Bahnhofsgeländes der Landesgartenschau in Oelsnitz.

„Wir möchten die Bestandsimmobilien als Wohn- und Gewerbemöglichkeit nutzen und damit auch zeigen, dass hier ein großes Potential schlummert. Dass am Ende einen Mehrwert für das gesamte westliche Stadtgebiet und nicht nur für Altendorf, den Kaßberg und das Felmminggebiet, darstellt,“ so der Architekt.

Ziel ist es einen Naherholungs-Wohn-und Gewerbereich zu schaffen entlang der beiden Achsen des Pleißenbaches und des Gleisbereiches. Dabei soll auch genügend Grünfläche entstehen.

„Hier planen wir eine Zweiteilung in einen intensiv nutzbaren Kern mit beispielsweise Spielplatz und ein Areal mit extensiver Nutzung. Auf diese Weise können wir einen Ausgleich schaffen zur Neubebauung des übrigen Bereiches,“ erklärt Rudolph.

Insgesamt vier Stufen sieht das Modell Architektenbüros aus Leipzig vor. Nach einer umfassenden Grünflächenentwicklung im Bereich der ehemaligen Gleisanlagen und des Pleißenbaches soll entlang der Paul-Jäckel-Straße der Bau von neuen Gewerbeeinheiten beginnen.

„An dieser Stelle haben wir die besten logistischen Voraussetzungen für eine schnelle Umsetzung der Ideen,“ so Rudolph.

In nächsten Schritten sollen dann erst der Umbau des alten Güterschuppen beginnen sowie im Bereich „Am Güterbahnhof“ die Wohnbebauung vollzogen werden. Eher in langfristiger Betrachtung steht der Umbau der Bestandgewerbeeinheiten zu Wohnbebauung.

Zahlreiche Interessierte nutzen am Dienstag in der St. Mattäuskirchgemeinde die Chance sich über die Planungsentwürfe zu informieren. Foto: ihst
Zahlreiche Interessierte nutzen am Dienstag in der St. Mattäuskirchgemeinde die Chance sich über die Planungsentwürfe zu informieren. Foto: ihst

Interessengemeinschaft will Industriekultur erhalten und Stadtteil zugänglich machen
Einen zweiten Vorschlag am Abend gab es von Markus Tümpel, Vertreter der Genossenschaft iG Güterbahnhof Altendorf. Der Fokus der siebenköpfigen Gruppe liegt auf der Nutztung des Güterschuppens

„Wir möchten einen Bereich schaffen, an dem gewerbliche, gemeinschaftliche und private Nutzung zusammenfinden. Dabei möchten wir das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes weitestgehend als Zeichen der Industriekultur erhalten,“ erklärt Tümpel.

Vorgesehen sind beispielsweise vier als Wohnungen nutzbare Einheiten, einen Veranstaltungsraum sowie einen Bereich für Ateliers, Werkstätten und Gewerberäume. Im Außenbreich will das Team das Areal weitestgehend im natürlichen Zustand belassen.

Die Ideen und Beteiligung zeigen, dass der Altendorfer Bahnhof durchaus im Interesse vieler  ein wichtiges Element ist.

„Es könnte ein neues Herz für das Quartier werden,“ erklärt Michael Stötzer, Bürgermeister für Stadtentwicklung und Bau.

Und natürlich sollten sich Anwohner und auch Interessierte bewusst sein, dass solche Ideen und Entwürfe nicht unbedingt innerhalb von kurzer Zeit verwirklicht werden können.

„Stadtentwicklung ist ein langwieriger Prozess und manchmal kommt der entscheidende Impuls erst nach Jahren,“ fügt Rudolph hinzu.

Historische Erinnerung wachhalten
Bei all den Lösungsansätzen sollte die Identität des Standortes erhalten bleiben. Ein Wunsch den auch viele Anwohner hegen.

„Wir sollten die Erinnerung wachhalten. Ich könnte mir eine Dauerausstellung vorstellen. Aber auch die Nutzung der Gleise als Draisinenstrecke beispielsweise bis Rottluff,“ gibt Harry Scheuner, Anwohner und engagierter Bürger bei diesem Thema  zu bedenken.

„Ich finde es gut, dass Bürger die Idee der Wahrung der Identität aufgreifen,“ erklärt Stötzer hinsichtlich des Vorschlages von Scheuner zu Erinnerung an die Bedeutung des Bahnhofes in seiner Geschichte.

Gerade hinsichtlich des Transportes der Eisenbahnen von Richard-Hartmann vom Schlossteich über diese Strecke.

Querung – ja, aber wo?
Ein wichtiges Thema für die Altendorfer ist nach wie vor eine Querung zwischen den beiden Bereichen des Stadtteiles. Derzeit nur über den Anschluss an der Kochstraße über einen Ersatzweg möglich wünschen sich die Anwohner eine auch für den Kfz-Verkehr nutzbare Verbindung.

Anwohner würden sich im Bereich des derzeitigen Ersatzweges an der Kochstraße eine neue Querung, auch für den Autoverkehr wünschen. Vor allem für die Verbindung der beiden Teile von Altendorf und die Anbindung ans Krankenhaus wäre es besser. Foto: bit
Anwohner würden sich im Bereich des derzeitigen Ersatzweges an der Kochstraße eine neue Querung, auch für den Autoverkehr wünschen. Vor allem für die Verbindung der beiden Teile von Altendorf und die Anbindung ans Krankenhaus wäre es besser. Foto: bit

Das Architektenbüro schlug dafür eine neue Querung mit Brücke im Bereich der verlängerten Horst-Menzel-Straße vor.

„Hier könne man sowohl eine Lösung für lediglich Fußgänger- und Radverkehr konzipieren sowohl eine Erweiterung auch für die Nutzung durch den Autoverkehr,“ erklärt Rudolph.

Das Plaungsbeüro aus Leipzig sieht eine einfachere Lösung jedoch im Bereich Horst-Menzel-Straße. Foto: bit
Das Plaungsbeüro aus Leipzig sieht eine einfachere Lösung jedoch im Bereich Horst-Menzel-Straße. Foto: bit

Den Wunsch der Bürger nach einer Querung zeigt auch der Vorschlag von Harry Scheuner.

„Für uns ist es wichtig eine schnelle Querung zu schaffen, hier wäre der Bereich der Kochstraße, wo es bereits einen Ersatzweg für Fußgänger gibt, denkbar. Vor allem weil auch alte Karten eine derartige Verbindung belegen.“

Gleichzeitig befinden sich die derzeitigen Querungsbrücken  an der Rudolph-Krahl-Straße  und Beyerstraße in einem schlechten baulichen Zustand.

Ungeachtet welche Lösung am Ende preferiert wird, bei beiden Varianten gibt es nach wie vor noch Eigentumsverhältnisse, die durch einen Kauf seitens der Stadt verändert werden müssten.

Die Variante einer erneuten Querung an der Erzberger Straße wurde am Abend aufgrund von hohen finanziellen Aufwendungen und des bautechnischen Aufwandes nicht weiter berücksichtigt.