„Schockierend und befreiend“
Er kannte den Chemnitzer Türmer Stefan Weber wie kein anderer: Alexander Albrecht. Der langjährige Freund, Lebens- und Weggefährte spricht im Exklusiv-Interview mit WochenENDspiegel-Chefredakteurin Cindy Haase über den Tod des am 15. Mai verstorbenen bekannten Chemnitzers.
WochenENDspiegel: Wie lange kannten Sie Stefan Weber?
Alexander Albrecht: Wir waren mehr als 34 Jahre befreundet. Sein plötzlicher Tod am 15. Mai war für sehr viele Chemnitzer ein Schock.
Wie haben Sie diesen Tag erlebt?
Schockierend und befreiend zugleich. Befreiend, weil er so gestorben ist, wie er es immer wollte. Schockierend weil ich erst dachte, er macht Spaß.
Was ist am Morgen des 15. Mai passiert?
Stefan hat sich früh beim Aufstehen schon ans Bein gefasst und hatte Wadenkrämpfe. Er ging ins Bad und nach zehn Minuten kamen von dort zwei durchdringende Schreie. Daraufhin bin ich ins Bad gestürzt und fand Stefan. Ich konnte es nicht fassen, schlug ihm ins Gesicht, schrie und versuchte, ihn zu reanimieren. Ich wollte den Notarzt wählen, habe in der Aufregung die falsche Nummer gewählt, dann noch die Hausnummer verwechselt. Dann kam endlich der Arzt. Um 8:26 Uhr wurde offiziell der Tod festgestellt.
Es bestand keine Hoffnung?
Der Arzt meinte, er könne vielleicht Stefans Herz zurück holen, das Hirn aber nicht. Aber ich wusste: das hätte Stefan nicht gewollt. Er wollte so schnell gehen.
Was war die Ursache für seinen Tod?
Eine zweite Ärztin stellte dann fest, dass Stefans rechtes Bein zwei Zentimeter dicker war als das linke. Er hatte eine Thrombose, die eine Lungenembolie ausgelöst hat. Alles ging so schnell, man hätte nichts tun können.
Hatte er etwas hinterlassen, wie er beerdigt werden will?
Er wollte im Grab seiner Eltern und Großeltern auf dem Nicolai-Friedhof seine letzte Ruhestätte finden.
Wie haben Sie die Trauerfeier erlebt?
Das war sehr bewegend. Ich war auch positiv überrascht von der emotionalen Ansprache von Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig. Dass sie Stefan post mortem das Du angeboten hat, war eine schöne Geste. Mein Dank gilt der ganzen Stadt, der Kirchgemeinde und allen Chemnitzern für die Würdigung, die man Stefan entgegen gebracht hat.
Wie geht es Ihnen, fast zwei Monate nach seinem Tod?
Er fehlt mir natürlich, aber wir müssen aus Stefans Tod das Beste machen. Um sein Vermächtnis zu bewahren werde ich zum Weinfest und Weihnachtsmarkt in Chemnitz in Vertretung die Rolle des Türmers geben. So werde ich zum Weinfest vom 24. Juli bis 9. August jeden Abend zum Abschluss vom Turm rufen.
Was haben Sie noch geplant?
Ich veranstalte am Samstag und Sonntag (11. und 12. Juli) ab jeweils 15 Uhr eine kleine Gedenkfeier, zu der alle herzlich auf ein Gläschen im Bahnwärterhaus Zur Alten Gärtnerei 88b vorbei kommen können.
Vielen Dank für das Gespräch!