Start Erzgebirge Täglich Frenzel: Headquarters
Artikel von: Sven Günther
31.08.2016

Täglich Frenzel: Headquarters

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Täglich Frenzel

Von Sven Günther
Kurort Oberwiesenthal. Er ist Weltmeister, Olympiasieger und einer der erfolgreichsten Wintersportler der Welt. Viermal gewann Eric Frenzel (Foto) den Gesamtweltcup in Serie.
Aufgrund einer Verletzung ist er aus dem Sommer-Grand-Prix ausgestiegen, berichtet aber für www.wochenendspiegel.de über die Vorbereitungen und die Wettkämpfe in einer täglichen Kolumne.

Headquarters

Von Eric Frenzel

Der Kombinierer-Tross ist weiter nach Villach gezogen, um den nächsten Wettkampf des Sommer- Grand- Prix zu absolvieren. Während ich Heimtraining mache, mit den Rollerski meine Runden ziehe, im Kraftraum arbeite und mir danach Zeit nehme, auf dem Rasen vor meinem Haus verschiedenste physiotherapeutische Maßnahmen zur Eindämmung der Knochenhautreizung durchzuführen, laufen auf meinem Handy Nachrichten aus der gesamten Welt der Kombinierer ein.

Wie in einem Hauptquartier sitze ich dann entspannt auf der Terrasse und lese alle Mails, SMS und whatsapp-Nachrichten meiner internationalen Sportlerkollegen, vor allem aber meiner Mannschaftskameraden aus dem deutschen Team.

Während die Sportler aus Finnland, Japan, Schweiz und Norwegen mir durchgängig baldige Genesung und eine schnelle Rückkehr wünschen, werde ich durch „unsere“ Jungs  vor allem über Vorbereitung und Wettkampf auf dem neuesten Stand gehalten und selbstverständlich über die wichtigen Dinge des Alltags.

Ich lese, dass man nicht gut schlafen konnte, weil dies eine Mücke im Hotelzimmer nicht  möglich machte, dass das Frühstücksmüsli zu große Schokoladenstückchen habe und dass bei den Norwegern eine Physiotherapeutin aus Oslo angekommen sei, die , ja , wie soll ich sagen, durch ihr langes blondes Haar für die Augen aller besonders wohltuend sei.

Selbstverständlich beantworte ich alle Nachrichten, das ist man ja durch die tägliche Fanpost so gewohnt und den Kollegen, die an einen auch in den Tiefen Kärntens denken, schlicht schuldig: mit den Mücken sei das ganz einfach, man müsse nur darauf achten, die Fenster in den Abendstunden nicht geöffnet zu lassen oder man könne Ohrenstöpsel verwenden, damit man durch das Summen nicht wach werde und einen regenerativen Schlaf hätte. Bei zu viel Schokolade hebe ich natürlich auch mal mahnend den Finger: „Schokolade macht schwer und lässt nicht gut fliegen“ schreibe ich mit einem Smiley zurück. Das Manöver der Norweger ist für mich als alten Hasen dagegen schnell durchschaut – die Konkurrenz kennt durch genaue Beobachtung also die Schwächen meiner Mannschaftskameraden. Da ich nun nicht dabei bin und die Jungs morgens beim Frühstück nicht an den Tisch führen kann, von dem man die schlechteste  Sicht auf das norwegische Team hat, muss ich einen anderen Weg gehen und verordne Sonnenbrillen, damit das blonde Haar nicht ins Auge sticht und seine kontraproduktiven Wirkungen entfalten kann.

Die Kollegen sind dankbar für die Hinweise, wollen Nachfragen des Trainers wegen der Sonnenbrillen ignorieren und gehen sofort an die Umsetzung. Ich sitze in Flossenbürg und habe das gute Gefühl, dass ich auch in Hunderten Kilometer Entfernung ein nützlicher Teil des Teams bin.

Herzlichst

Eric

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