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Artikel von: Sven Günther
30.12.2022

Weißes Wunder

Trotz der milden Temperaturen, sind die Skipisten am Keilberg präpariert. Fotos: Mario Reuter

Am Keilberg laufen die Lifte

Von Sven Günther
Erzgebirge. Ist es ein physikalisches Phänomen? Scheint die Sonne hinter der Grenze kälter? Wie kann es sein, dass auf dem Keilberg die Skifahrer wedeln, auf dem Fichtelberg die Lifte still stehen?

Touristen und Erzgebirger reiben sich die Augen, wenn sie die B 95 in Richtung Oberwiesenthal fahren. Weit und breit sehen sie kahlgelbfahle Felder – und blicken dann auf das weiße Wunder vom Erzgebirge. Die Pisten am Keilberg liegen schneeweiß in der Landschaft.

Wie ist das möglich? Die Antworten auf gestellte Fragen sind ausweichend. René Lötzsch, Geschäftsführer der Fichtelberg Schwebebahn Kurort Oberwiesenthal, verweist auf die offizielle Antwort der Stadt.
Die gibt Daisy Richter, die neue Tourismus-Chefin von Oberwiesenthal. Sie sagt: „Wir sind mit guten Pistenbedingungen in die Saison gestartet, haben aber derzeit den Kampf gegen das milde Wetter verloren. Die Voraussetzungen für eine technische Beschneiung sind einfach nicht gegeben.“

Und was ist am Keilberg?

„Zur Situation am Keilberg können wir uns nicht äußern“, sagt sie. „Wir haben die Sommerrodelbahn wieder geöffnet. Das Museum im ‚Wiesenthaler K3‘ ist ebenfalls einen Besuch wert. Auf zwei Etagen erleben unsere Gäste eine große Wintersportausstellung und die Geschichte des Wiesenthals. Neu hinzugekommen ist ein Ausstellungsteil zur Bergrettung am Fichtelberg.“

Man traut seinen Augen kaum. Während am Fichtelberg nur noch spärliche Schneereste zu sehen sind, strahlen die Pisten am Keilberg (Foto unten) schneeweiß.

Auch Jens Weißflog sieht die weißen Schneebänder, wenn er aus seinem wunderschönen Hotel in Richtung Keilberg schaut. Auch der ehemalige Weltklasse-Skispringer, Weltmeister und Olympiasieger, wird von seinen Gästen gefragt, wie es möglich ist, dass in Tschechien die Lifte laufen. Seine Antwort: „Das Problem, in den letzten 15 Jahren nicht weiter in die Infrastruktur unseres Skigebietes investiert zu haben, fällt uns jetzt extrem auf die Füße. Wassermangel ist dabei das größte Thema. Hier müssen sich alle Akteure schnellstmöglich zusammenfinden, um eine Strategie für die kommende Zeit festzulegen.“

Aktuell seien die meisten Gäste noch im Weihnachts- und Silvestermodus. „Sie finden es schade, dass kein Schnee liegt, nehmen es aber noch gelassen“, sagt Weißflog. „Schwieriger wird es nach Silvester, da dann der Urlaubsgrund Skifahren OHNE Schnee nicht zu erfüllen ist. Wir stecken da wirklich in einem Dilemma. Weil es im Herbst weniger regnet, fehlt im Winter das Wasser.“

Kult-Wirt Jochen Nöske, dessen Fichtelberg-Hütte unterhalb des Berggipfels eine angesagte Party-Location ist, sieht es ähnlich und macht sich seine Gedanken: „Ich denke, in Oberwiesenthal hat man sich verplant und schnell zu viel Fläche beschneit. Am Keilberg wurden nur schmale Pisten am Nordhang präpariert. Deshalb kann man dort noch Ski fahren.“

Auch auf Gerüchte, in Tschechien würde mit unerlaubten Chemikalien gearbeitet, die den Tauprozess des Schnees blockieren, geht er ein. Nöske: „Das ist Blödsinn. Auch am Keilberg wird nur mit Wasser gearbeitet. Nur haben die wahrscheinlich dort gut damit gehaushaltet.“