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Artikel von: Sven Günther
08.06.2023

Wer Proust hört, wird lesen

Keimzeit-Protagonist Norbert Leisegang (beim beim Einspielen des Albums) wagt sich an Proust, packt dessen siebenbändiges Roman-Lebenswerk in 37:52 Minuten und 13 Songs. Wer das hört, wird lesen!
Keimzeit-Protagonist Norbert Leisegang (beim beim Einspielen des Albums) wagt sich an Proust, packt dessen siebenbändiges Roman-Lebenswerk in 37:52 Minuten und 13 Songs. Wer das hört, wird lesen! Foto: Bernd Zahn

Das Keimzeit Akustik Quintett wagt Proust

Region Man muss die Lippenspannung erhöhen, wenn man den Namen korrekt aussprechen will. Marcel Proust mit U und nicht mit O, wie das Wort, das meist den Klang angestoßener Gläser begleitet.
Proust. Sein siebenbändiges Roman “Auf der Suche nach der verlorenen Zeit” ist – laut Suhrkamp Verlag – zu einem Mythos der Moderne geworden. Ein Werk, an das sich nur mutige Leser trauen, ein Werk, dessen Titel erfurchtsvoll geflüstert wird.
Norbert Leisegang und das Keimzeit Akustik Quintett mit Hartmut Leisegang (Bass), Martin Weigel (Gitarre), Christian Schwechheimer (Schlagzeug) und Gabriele Kienast (Violine) hatten Mut – und packen die Bände in 37.52 Minuten und 13 Songs, die so abwechslungreich und hörenswert wie Prousts Lebenswerk selbst sind.
Gleich der erste Song des Albums tönt mit ruppigen Gitarrensounds davon, dass man im stressigen Alltag keine Zeit mehr findet, ein Buch, geschweige denn einen Roman in die Hand zu nehmen.
Bei den dann folgenden zwölf Stücken geht es um Personen und Sznen aus der Proustschen Galaxie. Äußerst abwechslungsreich bewegt sich das Album vom arabisch angehauchten “Scheherazade” über das im luftigen Discosound gekleidete “Nach zwanzig Jahren” bis hin zum chanson-jazzigen “Françoises Welt”.
Norbert Leisegang legte die Studio-Produktion in die Hände seines langjährigen vertrauten Tontechnikers und Produzenten Jürgen Block. Dieser wählte zum Einspielen diesmal bewusst kein Studio außerhalb Deutschlands in Norwegen oder auf Malta, sondern die technisch sehr gut ausgestatteten Castle Studios in der sächsischen Provinz, in Röhrsdorf nahe Dresden. In jenem abgeschiedenen idyllischen teilsanierten Schloss ließen sich die Musiker auf ein Experiment ein, welches mit dem Vorgängeralbum “Albertine” begann.

Keimzeit als Band ist am 24. Juni in Meerane, am 22. September in Zwickau, am 21. Oktober in Annaberg-Buchholz und am 16. Dezember in Freiberg zu erleben.

Das Proust-Interview

Dem WochenENDSpiegel gab Norbert Leisegang dieses Interview.

WochenENDSpiegel
Warum gerade Proust? Wie lange hast Du gebraucht um, wenn überhaupt, das Werk zu lesen?

NORBERT LEISEGANG:
Proust gibt uns mit seinem Roman “Auf der Suche nach der verlorenen Zeit” eine Türklinke in die Hand. Wenn man sich durch diesen Roman liest, so wird bewusst, wie wertvoll persönliche Erinnerungen sind. Wie lange man für dieses Werk braucht ist zweitrangig. Ich selbst lese extrem langsam.

WochenENDSpiegel
Was hat Dir das Werk gegeben?

NORBERT LEISEGANG:
Der Roman gab mir den Impuls und die Grundlage für ein gesamtes Album.

Proust mit Akustik Quintett

WochenENDSpiegel
Welche Gründe gab es, die Songs mit dem Akustik Quintett und nicht mit der Band einzuspielen?

NORBERT LEISEGANG:
Aus meiner Sicht ist das Keimzeit Akustik Quintett der ideale Klangkörper für die Songs, die ich aus dem Proust Roman filtern konnte. Das ist eine Bauchentscheidung gewesen. Von großem Vorteil war es, Jürgen Block als Produzent im Boot zu haben. Er konnte sich umstandslos in Proust’s Welt des 20. Jahrhunderts hineinversetzen und ist somit maßgeblich für die Stimmung der aufgenommenen Songs verantwortlich.

WochenENDSpiegel
Das Schloss, Kein Fiasko, Schon gar nicht Proust… Die Fans freuen sich über eine geballte Ladung Keimzeit-Neues

NORBERT LEISEGANG:
Ich freue mich, wenn wir unser Publikum den Weg von den ersten bis zu den aktuellen Alben mitgeht. Man kann das grundsätzlich nicht erwarten.
Wo, Wie, Wann entstehen die Songs in deinem Kopf?
NORBERT LEISEGANG:
Die größte Herausforderung beim Schreiben von Songs ist das Warten. Nichtstun, bis sich eine Idee zeigt. In unserer schnelllebigen Zeit ist das gar nicht so einfach. Wenn mich dann ein Thema packt, heißt es, schön dranbleiben und nicht abschütteln lassen. Im besten Fall entsteht dann ein Song, den man anschließend freigeben muss. Hernach steht man wieder vor der Herausforderung des Wartens.

Proust auf dem Nachttisch?

WochenENDSpiegel
Zurück zum Lesen? Was liegt auf Deinem Nachttisch bzw. wo liest Du und was sind Deine Lieblingsbücher

NORBERT LEISEGANG:
Bei einem guten Buch ist es ja immer traurig, wenn nur noch wenige Seiten vor dem Ende bleiben. Da ich, wie schon erwähnt, sehr langsam lese, kann ich diesen Moment wunderbar hinauszögern. Mittagsstunde von Dörte Hansen und Über Menschen von Juli Zeh haben mich jüngst sehr begeistert.

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