Start Chemnitz Auftragslage wird zur Großbaustelle
Artikel von: Judith Hauße
27.05.2024

Auftragslage wird zur Großbaustelle

V.l.: Chris Gründel (18 Jahre) und Ausbilder Philipp Schade beim Verlegen von Naturpflaster in der Straßenbauhalle der HWK. Foto: Judith Hauße

Handwerkskammer Chemnitz fordert Konjunkturprogramm von Bund und Land

Während die neue Straßen- und Tiefbauhalle auf dem Gelände der Handwerkskammer Chemnitz derzeit voll ausgelastet ist und sich die Branche im Kammerbewirk nicht über Nachwuchs beklagen kann, machen hohe Zinsen und Baukosten dem Gewerke in Südwestsachsen große Sorgen. Der Vorlauf an Aufträgen sei drastisch gesunken, wie Handwerkskammer-Präsident Frank Wagner bei der Vorstellung der Konjunkturumfrage für das Frühjahr 2024 betonte. Er fordert vom Staat ein entsprechendes Konjunkturprogramm.

Hohe Zinsen bleiben Baustelle

Konnte sich das Bauhaupt- und Ausbaugewerbe im letzten Jahr nicht beklagen beim Auftragsbestand, sei man hier doch über die Wintermonate gekommen, meint der Chemnitzer Handwerkskammerpräsident. Die Nachfrage für Neubau ist allerdings wegen hoher Zinssätze gesunken. „Die hohen Zinsen sind da noch das kleinste Problem wären da nicht die gestiegenen Baukosten“, erklärt Wagner. Man müsse die Konjunktur durch entsprechend Maßnahmen sowohl auf Landes- als auch Bundesebene wieder voranbringen, fordert er. „Als kurz- bis mittelfristig umsetzbar könnten die unter anderem beim privaten Bauen derzeit freien Kapazitäten der Betriebe für die Sanierung oder Neubauvorhaben kommunaler Maßnahmen – wie Schulen oder Kindergärten – genutzt werden.“
Entsprechende Vorhaben und kommunale Investitionsstaus, die früher oder später angegangen werden müssen, bestünden ohnehin. Wagner appellierte, dass der Freistaat nun strategische und zielgerichtete Finanzierung zur Umsetzung für diese öffentlichen Güter in kommunaler Hand schnell ermöglichen solle. Der Handwerkspräsient weiß aber auch: In Sachsen bremst der Wahlkampf alle Entscheidungen aus, die dafür dringend benötigt werden – „und im Bund wird einzig und allein an der Schuldenbremse festgehalten – mit unabsehbaren Folgen für die Wirtschaft.

Frank Wagner: „Weder hü noch hott“

Auch mit Blick auf den Auftragsmangel im Baugewerke bleibt das Handwerk im Kammerbezirk Chemnitz eher zurückhaltend. Hier erwarte man keine grundlegende Verbesserung der Geschäftslage. Das ist das Ergebnis der Konjunkturumfrage im Frühjahr 2024, an der sich 444 Handwerksbetriebe beteiligten. Doch während die einen mit hohen Zinsen zu kämpfen habeb, wie as Baugewerbe, profitieren andere von der Konsumlaune der Verbraucher, die mit der gesunkenen Inflationsrate einhergeht. So etwa das Kraftfahrzeuggebwerbe und Handwerk im gewerblichen Bereich, die ihre geschäftliche Lage besser einschätzen. Frank Wagner verweist aber auch hier auf vorsichtigen Optimismus. „Zurücklehnen können sie sich aber auch nicht.“
Der Geschäftsklimaindex verharrt weiterhin auf das niedrige Niveau der vorherigen Umfragen aus dem Frühjahr und Herbst 2023. Ein leichter Anstieg von 100,1 auf 105,8 ist zwar im Vergleich zur Frühjahrsumfrage 2023 zu verzeichnen.

HWK-Präsident Frank Wagner. Foto: HWK Chemnitz


Ein deutliches Plus, wie es beispielsweise nach der Aufhebung der Corona-Beschränkungen im Frühjahr 2022 gab, ist aber weiterhin nicht in Sicht. Im Frühjahr 2022 betrug der Indexwert noch 120,6. Wird aktuell im Handwerk noch eine positive bis gleichbleibende Geschäftslage angegeben, so gehen die zukünftigen Erwartungen von einer gleichbleibenden bis negativeren Geschäftslage aus. Der Trend bei den zukünftigen Erwartungen ist über alle Gewerke hinweg erkennbar. Einzig im Kunsthandwerk und dem Handwerk für den gehobenen Bedarf sowie im Kraftfahrzeuggewerbe sind auch eher positive Erwartungen der Geschäftslage erkennbar. Auch regionale Unterschiede sind feststellbar. Vor allem im Landkreis Zwickau und im Erzgebirgskreis wird die Geschäftslage aktuell noch als positiv bewertet.

Freistaat Sachsen verweigert Geld für Ferienpraktika

Schüler sollen sich auch weiter für das Handwerk begeistern. Bundesländer, wie Sachsen-Anhalt, Thüringen oder Mecklenburg-Vorpommern setzen dabei bereits auf das bezahlte Ferienpraktikum. Das hätte die Handwerkskammer Chemnitz auch gern. Doch die Landesregierung stemmt sich derzeit noch dagegen. Dabei sei der Fachkräftemangel nach wie vor eines der größten Probleme in den Handwerksbetrieben, wie Handwerkkammerpräsident Frank Wagner sorgenvoll auf die aktuelle Lage schaut. Er fordert vom Freistaat, Schülerinnen und Schülern eine staatliche Prämie für ein Praktikum in den Ferien zu zahlen. „Wir reden da von etwa 100 Euro, was am Ende insgesamt gesehen finanziell gesehen noch in einem angemessenen Rahmen steht im Vergeich zu Millionenbeträge.“
Geld von Sachsens Kultusminister Christian Piwarz gibt es dennoch nicht. Die Begründung: Man würde sich dabei nur auf die Handwerksbetriebe beschränken und andere Branchen ausschließen. Außerdem sollten die junge Leute die Entscheidung für einen Praktikumsplatz selbst treffen und nicht des Geldes wegen voreingenommen sein.