Start Chemnitz Bauernproteste: So reagieren die Landkreise
Artikel von: Björn Wagener
07.01.2024

Bauernproteste: So reagieren die Landkreise

Ab 5 Uhr wollen die Protestteilnehmer nun Ernst machen. Foto: Andre März / Archiv

Landkreis Mittelsachsen erlässt Allgemeinverfügung zu Bauernprotesten

Region. Mit einer Aktionswoche soll ab Montag 5 Uhr bis zum Freitag gegen die geplanten Subventionskürzungen der Bundesregierung im Rahmen der Schuldenbremse demonstrieren. Auch eine Änderung und teilweise Rücknahme der geplanten Einschnitte für Landwirte konnte die geplante Aktion nicht verhindern. Den Auftakt soll die Blockierung von Kreuzungen, Straßen sowie Autobahnanschlussstellen machen. Hierzu erließ das Landratsamt des Landkreises Mittelsachsen am Sonntag eine Allgemeinverfügung. Nach Auskunft der Pressestelle gilt diese zwischen dem 8. und 15. Januar und richtet sich an alle Veranstalter oder Teilnehmer von Kundgebungen, Protestkationen oder Aufzügen, welche noch keinen Bescheid der Versammlungsbehörde erhalten haben. Demnach untersagt die Allgemeinverfügung die Blockade von Autobahnen oder Abfahrten. Ebenso ist die Blockade von Zubringerstraßen zu den Autobahnen im räumlichen Zusammenhang von Anschlussstellen untersagt. Weiterhin schreibt das Landratsamt vor Blockaden stündlich für 20 Minuten zu unterbrechen. Abweichend davon, kann die Polizei jedoch von dieser Regelung abweichende Festlegungen treffen.

Weiterhin legte das Landratsamt fest, dass Blockaden so gestaltet werden müssen, dass Rettungswege jederzeit und ohne Verzögerung für Einsatzfahrzeuge passierbar sind. Im Rahmen von Autokorsos dürfen Plakate und Banner nur in den Fahrzeugen angebracht werden, wenn diese keinen Fahrzeugführer behindern. Autokorsos dürfen nicht auf Autobahnen, untersagt der Landkreis im Rahmen der Bauernproteste ebenfalls.

Chemnitz informiert in sozialen Medien, Landkreis Zwickau erlässt Allgemeinverfügung

Auch im Landkreis Zwickau gilt ab 0 Uhr eine entsprechende Allgemeinverfügung, welche jener in Mittelsachsen nahezu gleicht. Darin untersagt das zuständige Landratsamt unter anderem die Blockade der Autobahnanschlussstellen Glauchau-West sowie Zwickau-Ost. Derweil informierte die Stadtverwaltung Chemnitz am Sonntag in den sozialen Medien über den geplanten Protest und die Route.

Auf Bluesky, Mastodon und Threads informierte die Stadtverwaltung Chemnitz am Sonntag. Screenshot: WES

Auch im Vogtland kommt es zu Einschränkungen

Der Vogtlandkreis veröffentliche inzwischen in seinem eigenen Geoportal eine Übersicht über geplante Sperrungen und Routen der Bauernproteste. Von den Einschränkungen ist auch der Personennahverkehr sowie der Schülerverkehr betroffen. Aktuelle Informationen erhalten Reisenden unter der zentralen Servicenummer des VVV 03744 19449 sowie im Internet.

“Den Frust der Bauern kann ich verstehen. Unsere vogtländische Heimat ist landwirtschaftlich geprägt, deshalb hängt viel vom Wohl der Landwirtschaft ab und nicht zuletzt von der Leistungsfähigkeit der Agrarbetriebe und des Mittelstandes.

Ich konnte mich selbst beim Besuch vieler Agrarbetriebe davon überzeugen. Insofern kann ich gut nachvollziehen, dass die Menschen mit der derzeitigen Entwicklung äußerst unzufrieden sind. Viele haben langfristige Verträge abgeschlossen und Kredite aufgenommen, die Betroffenen plagen Existenzängste.

Auch bei uns im Vogtland wurden inzwischen Aktionen angemeldet. Soviel kann ich aber im Vorhinein versprechen: Wir als Versammlungsbehörde werden mit Augenmaß agieren und die Versammlungsfreiheit als hohes Gut gewährleisten. Wir bitten allerdings um Verständnis, dass wir Sicherheit und Ordnung ganz grundsätzlich garantieren müssen. Hierzu zählt zum Beispiel unbedingt das Freihalten der Wege für Rettungs- und Winterdienst”, so Landrat Thomas Hennig (CDU).

Dauerhafte Blockade nicht von Versammlungsfreiheit gedeckt

Noch in der Nacht vom Sonntag zum Montag untersagt das sächsische Oberverwaltungsgericht eine sogenannte “Bauerndemo” und reagiert damit auf eine Beschwerde einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Chemnitz. Der Antragsteller klagte gegen das Verbot einer für den im Zeitraum vom 8. bis 12. Januar 2024 von je 4.30 Uhr bis 17.00 Uhr beantragten Versammlung. Unter dem Motto »Bauerndemo« sollten auf Kreuzungen in Sehma-Cranzahl Versammlungen mit Menschen, Traktoren, Lastkraftwagen und Transportern stattfinden. Der Erzgebirgskreis hatte in einem Bescheid vom 5. Januar 2024 diese Versammlung untersagt und die sofortige Vollziehbarkeit der Entscheidung angeordnet. Das Verwaltungsgericht Chemnitz hat einen Antrag auf Eilrechtsschutz des Veranstalters abgelehnt. Die angemeldete Versammlung in ihrer konkreten Gestaltung könne sich nicht auf den Schutz der Versammlungsfreiheit des Grundgesetzes berufen, weil sie als Totalblockade von zwei Kreuzungen in einem kleinen Ort ohne Ausweichmöglichkeit zu nicht mehr zu rechtfertigenden Auswirkungen für unbeteiligte Dritte führe. Dauerhafte Blockaden von Straßen seien rechtswidrig und nicht von der Versammlungsfreiheit gedeckt, so die Richter am OVG Bautzen.

OVG Bautzen ändert Beschluss des VG Chemnitz

Der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgericht hat daher den Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz geändert. Die von den Veranstaltern geplante mehr als zwölfstündige Blockade der Straßenkreuzungen mit schweren Kraftfahrzeugen über fünf aufeinanderfolgende Tage beeinträchtige nach Ansicht der Richter zentrale Rechtsgüter der unbeteiligten Verkehrsteilnehmer. Bei Gefahr im Verzug sei überdies ein Durchkommen von Rettungsdiensten, der Feuerwehr und der Polizei nicht gewährleistet. Das angegriffene Versammlungsverbot sei aber deshalb rechtswidrig, da mit Versammlungsauflagen mildere Mittel zur Verfügung gestanden hätten, um der vom Landkreis befürchteten Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu begegnen. Das Oberverwaltungsgericht hat unter anderem folgende Maßgaben für die Durchführung der Versammlung verfügt:

  1. Die Zahl der Versammlungsteilnehmer wird auf die angemeldeten 75 Personen beschränkt.
  2. Die Versammlung findet im Zeitraum vom 8. bis 12. Januar 2024 zwischen 4.30 bis 17.00 Uhr jeweils zur vollen Stunde fünf Minuten statt.
  3. Die als Kundgebungsmittel angemeldeten Fahrzeuge werden mit Ausnahme jeweils eines Traktors für die beiden angemeldeten Straßenkreuzungen untersagt, wobei die hiernach verbleibenden zwei Traktoren am Kundgebungsort nur unter permanenter Anwesenheit eines zur Verbringung derselben befähigten Fahrers verbleiben dürfen, der den behördlichen Anweisungen vor Ort sofort Folge zu leisten hat.