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Artikel von: Judith Hauße
14.07.2023

Einfach mal weggeradelt

Diana Schmidt und Patric Montag passierten auf ihrer Reise auch die Einfahrt zum umstrittenen Kashmir Gebiet/Pakistan. Fotos: Patric Montag

Chemnitzer Paar ist nach Fahrrad-Weltreise zurück in der Heimat

Als Diana Schmidt und Patric Montag am Freitag (7. Juli) mit dem Fahrrad um 16 Uhr in die Paul-Spiegel-Straße einbogen, war die Freude bei Familie und Freunden über die Ankunft der beiden groß. Drei Jahre, 34.000 Kilometer und 20 Länder – das Chemnitzer Pärchen hat es gewagt. Es ist einfach mal so weggeradelt. Immer Richtung Osten. Nach 1.054 Tagen kehrten die beiden nach ihrer Weltreise zurück nach Hause in ihre Heimat. Da, wo sie vor drei Jahren Job (Diana arbeitete als Pädagogin, Patric als Informatiker) und den alltäglichen Ballast hinter sich gelassen haben.

„Keine Rechnungen, keine Verpflichtungen, nur die Dinge, welche man wirklich braucht. Alles ist viel simpler und entspannter. Man kann einfach auf Körper und Geist hören.”

Zitat aus dem Reiseblog (www.weggeradelt.de).

Ankunft in Chemnitz – WochenENDspiegel war dabei

Ein emotionaler Moment für alle, die bei der großen Willkommensfeier dabei waren, zu der Patrics Brüder eingeladen hatten, darunter auch sein zweijähriger Neffe Levi, den der 38-Jährige nun endlich kennenlernen durfte. „Er war geboren, da waren die zwei schon weg“, sagt Bruder Christoph Montag, dessen Freude mindestens genauso riesig ist wie das Gepäck an Eindrücken, das die zwei zurückgekehrten Abenteurer auf ihrem Weg von Deutschland über Griechenland bis nach Pakistan und Indien mitgebracht haben. Ihre Erlebnisse der Weltreise erzählen Sie WochenENDspiegel im Gespräch.

Freitag, 7. Juli. 16 Uhr. Ankunft von Diana Schmidt und Patric Montag in Chemnitz-Schönau. Familien liegen sich in den Armen. Festgehalten auf einem Bild. Ein wohl ähnliches Bild zeichnete sich drei Jahre zuvor, als das Chemnitzer Paar im Juli 2020 zu ihrem wohl bislang größten gemeinsamen Abenteuer aufbrach. Eine Zeit, die beide noch enger verbunden hat.
Patric war bereits lange Zeit mit dem Fahrrad unterwegs. War gerade erst zurück von einer Neuseeland-Umrundung und wollte eine neue Reise antreten. Allein. Bis er Diana traf, sich in sie verliebte und sie fragte, ob sie nicht mitkommen wolle. Leicht fiel es der gelernten Pädagogin anfangs nicht, ihren Job zu kündigen, um mit dem Mann, den sie liebt, immer Richtung Osten zu radeln und zu schauen, wie weit sie kommen. „Ich habe mindestens ein halbes Jahr lang darüber nachgedacht“, so die 38-Jährige, die letztlich aber auf ihr Herz hörte. „Sowas erlebt man nicht jeden Tag. Ich schätze, ich hätte es bereut, wenn ich es nicht getan hätte“, erzählt sie.

Chemnitzer überwältigt von Gastfreundschaft

20 Länder – von Osteuropa über die Türkei bis nach Pakistan und Indien. Überwältigt sind sie vor allem von der Gastfreundschaft, die ihnen in all den Ländern von den Menschen dort entgegengebracht wurde. „Wir sind jedem Einzelnen, der uns bei sich aufnahm, uns Essen schenkte oder uns anderweitig unterstützte, zu tiefst dankbar“, sagt Patric und schaut zu Diana, die stolz ihren Sonnenschutz an den Armen trägt, den sie von einer Frau geschenkt bekommen hat. „Viele von ihnen haben selbst sehr wenig, und geben trotzdem von dem Wenigen noch etwas ab.“ Auch Dianas Mutter ist glücklich über so viel Herzlichkeit für beide. „Sorgenfrei ist man als Mutter ja nie, vor allem wenn man regelmäßig miteinander telefoniert oder geschrieben hat und dann plötzlich wochenlang nichts mehr voneinander hört“, sagt Uta Viertel und schaut zu ihrer anderen Tochter Tina. „Da wurde es einem schon ein wenig anders, als der Kontakt mal kurz abgebrochen war“, sagt Dianas Schwester. „Glücklicherweise hat sich ja aber herausgestellt, dass die beiden an einem Abschnitt ihrer Reise keinen Empfang hatten.“

Der wohl traurigste Moment aber war: mit Dianas Schwester wollten sich die beiden in Pakistan treffen. Dazu kam es jedoch leider nie. „Alles war schon so gut wie geplant. Aufgrund von Corona durfte ich aber letztlich nicht ins Land reisen“, erinnert sich Tina, die trotz allem weiß: „So ärgerlich das war, es hat uns als Schwestern noch einmal mehr zusammengeschweißt.“ Das Gleiche gilt für die Familie von Patric. Dessen Mama Maren Montag hält ihren Sohn bei der Ankunft in Chemnitz lange im Arm. Zuvor erzählte sie im Gespräch mit WochenENDspiegel, wie froh auch sie ist, dass beide unversehrt zurück sind. „Wissen Sie, als plötzlich die Flutkatastrophe in Pakistan herrschte und Diana auf Patric gewartet hat während er Essen besorgte, da wird man dann doch etwas unruhig, weil man nicht weiß, ob auch sie vom Hochwasser betroffen waren.“ Zum Glück sei ja aber alles nochmal gut gegangen, wie Patrics Bruder Christoph neben ihr meint.

“Das Wörterbuch haben wir nie ausgepackt”

Verständigt habe man sich mit den Menschen vor Ort überwiegend auf Englisch, „in vielen Ländern eine gängige Sprache“, erklärt Patric, „oder wir nutzten notfalls ein Übersetzungsprogramm auf dem Handy. Unser Wörterbuch haben wir hingegen nie ausgepackt“, sagt der Informatiker. Gleichzeitig dienten die kostenlose Funktion Open-Streetmap und Satellitenbilder als Informationsquelle für Trinkwasser- und Schattenplätze. Und was war mit Akku unterwegs aufladen? Auch das sei kein Problem gewesen, wie Patric an seinem Fahrrad demonstrierte. Solarzellen hinten auf den Fahrradtaschen haben beim Laden der Powerbank geholfen.
Selbst die damals noch anhaltende Corona-Pandemie war mehr Segen als Fluch, meinen die beiden. „Auch wenn wir aufgrund des Lockdowns länger als geplant in Griechenland verweilten, lernten wir die Länder und ihre Eiwohner viel besser kennen – ohne Massen an Touristen.“

Ein wenig mussten sie dann aber doch spontan umplanen. Wegen des Lockdowns war vor China zunächst Schluss. So fuhren die beiden Weltreisenden nach Indien, von wo aus sie mit dem Flugzeug nach Marokko flogen und über Portugal sowie Spanien und Frankreich zurück nach Deutschland radelten.
Geschlafen haben sie die meiste Zeit im Zelt. „Bloß dreimal haben wir uns ein Hotel gesucht, die restliche Zeit ansonsten im Zelt geschlafen oder wir haben für Übernachtungen die Plattform warmshower.org genutzt, bei der Fahrradfahrer weltweit ein Bett und eine Dusche bei Einheimischen erhalten.“ Pro Monat hat das Abenteuerpaar mit Kosten von 450 Euro geplant, sind aber bei Weitem mit weniger ausgekommen. „In Indien beispielsweise bekommt man eine Mahlzeit schon für gut einen Euro“, weiß Patric. „Oder im Iran, wo wir sehr oft eingeladen wurden“, ergänzt ihn seine Lebensgefährtin, die ihm ein Stück Eierlikörkuchen von der Willkommensfeier in Chemnitz reicht – die ist nun knapp eine Woche her.

Planen sie schon ihre nächste Reise?

Zurück in ihrer Heimat wollen sie zunächst erst mal wieder richtig ankommen. Hier werden sie ihre Eindrücke und Erinnerungen der Weltreise Revue passieren lassen – ohne nicht dabei auch schon erste Ideen zu haben. „Wir wollen unbedingt Vorträge halten, um anderen von unseren Erfahrungen zu berichten und Ratschläge zu geben. Zudem könnten wir uns auch geführte Reisen nach Pakistan vorstellen.“Eine Sache sei den beiden aber besonders wichtig: „Wir möchten auch den Menschen vor Ort, von denen wir so viel Liebe bekommen haben, etwas zurückgeben“, betont Diana am Ende des Interviews mit WochenENDspiegel. Wir verabschiedeten uns und ließen die zwei bei ihren Familien weiter von der beeindruckenden Bergwelt Pakistans schwärmen – eines ihrer schönsten Erlebnisse auf der Weltreise, wie sie sagen.

Mehr Eindrücke der Weltreise gibts online im Reiseblog unter www.weggeradelt.de, bei Youtube oder Instagram (@weggeradelt.de).