Start Chemnitz Filmreife Leistung
Artikel von: Judith Hauße
20.07.2023

Filmreife Leistung

Die Jugendlichen bei den Dreharbeiten für ihren Film „Am Zaun“. Fotos: Privat

Chemnitzer Film “Am Zaun” für Münchner Nachwuchspreis nominiert

Mit ihrem Kurzfilm „Am Zaun“ schaffte es eine Chemnitzer Gruppe aus Hobby-Filmemachern unter die Nominierten für den Camgaroo Award – eine renommierte Preisverleihung in München, die seit 21 Jahren den deutschen Film-Nachwuchs fördert. Von der Nominierung wusste zunächst allerdings nur der 18-jährige Levin Hornburg. Er reichte den Streifen auf Eigeninitiative ein nachdem er im Internet zufällig auf den Filmpreis aufmerksam wurde.

Levin Hornburg reiste zur Preisverleihung nach München.

Dass der Film es tatsächlich ins Finale schaffen würde, war für alle eine große Überraschung. „Ich war zurück von einer Theateraufführung als plötzlich die Nachricht kam, dass unser Film in der Kategorie U18 ins Finale gekommen ist“, erinnert sich Levin. „Erst dann hast du uns überhaupt davon erzählt“, entgegnet ihm Lea Vetterlein aus der achtköpfigen Filmcrew. „Keiner von uns wusste, dass Levin den Film eingereicht hatte“, sagt sie – noch immer ein wenig entrüstet über die Aktion. Im Nachhinein mache es die Jugendlichen aber alle auch ein wenig stolz, dass es ihr Film, der innerhalb einer Woche entstanden ist, so weit geschafft hat.

Gedreht wurde der Streifen im Clubkino Siegmar. Hilfe gab es von den Medienpädagogen Sebastian Steger und Nicole Bader, die die Chemnitzer Filmwerkstatt kostenlos in den Ferien anbieten. Auch sie haben sich über die Nominierung gefreut. „Dass das Ergebnis auch das Zeug dazu hat, eine hochkarätige Jury zu überzeugen, hatte bei uns niemand auf dem Zettel“, sagt Sebastian Steger, der sich über so viel Eifer der Jugendlichen freute. „Ein erwachsener Teilnehmer stellte sein Auto als Requisit zur Verfügung, eine 14-jährige Teilnehmerin sollte eine reiche Dame spielen und brachte kurzerhand ein Abendkleid ihrer Mama von zu Hause mit“, erzählt er vom Set.

Was Eisbonbons und ein beliebter Treffpunkt mit dem Film zu tun haben…

Im Film geht es um eine reiche Frau, die mit Drogengeschäften zu Geld gekommen ist. Wenig später wird sie vom SEK verhaftet. Das Verbrechen entpuppt sich aber als billiger Schwindel, weil die vermeintlichen Drogen gar keine waren und der „Rausch“ der Kunden nur ein Placebo-Effekt. „Und dass alles nur, weil du mit einer Tüte Eisbonbons kamst“, lachen die Jugendlichen und schauen zum 13-jährigen Finn, der die Bonbons am ersten Tag dabei hatte. „Aber keiner von euch wollte eines davon haben“, sagt er schulterzuckend. „Irgendwann haben wir angefangen, die Bonbons zu zerbröseln. Sie sahen dann aus wie Drogen.“ Jene Drogen, die die Frau im Film als solche verkauft hat. „In Wirklichkeit waren es aber bloß meine Eisbonbons.“ Für die Gruppe stand damit fest, ihr Film sollte ein Krimi werden.
Auch der Titel „Am Zaun“ war von Beginn an entschieden. „In jedem Kriminalfilm gibt es DEN einen Treffpunkt. Bei uns war dieser am Zaun, weil sich Levin und die Jungs einen Tag zuvor hier trafen“, erinnert sich Lea. „Hier waren wir uns alle einig, selbst Levin, der eigentlich eine Liebeskomödie drehen wollte.“

“Die meisten standen das erste Mal vor der Kamera”

Von der Idee bis zur Umsetzung sei dann allerdings nahezu alles erst im Prozess entstanden, wie sie gestehen. „Einen Text gab es eigentlich nicht wirklich. Alles war improvisert.“
Einfach sei es aber für sie alle nicht gewesen. Denn einen Film gedreht, hat bisher keiner von ihnen. „Das Schwierigste bei den Szenen war für mich, nicht zu lachen“, verrät Lea. „Wir haben allein 18 Aufnahmen für eine Szene gebraucht und mindestens genauso viel Outtakes“, sagt sie und kann sich ein Lachen nicht verkneifen. „Die meisten standen das erste Mal vor der Kamera und haben einen richtig guten Job gemacht. In einer „Feel-Good“-Szene wurde getanzt und gefeiert; ein andermal kam es darauf an, wütende Emotionen zu zeigen. Wir Medienpädagogen sind stolz, wenn wir solche überzeugenden Momente gerade aus schüchternen oder introvertierten Jugendlichen herausholen können“, sagt Sebastian Steger über die Leistung der jungen Filmcrew.

Ob sie später alle einmal in der Fimbranche arbeiten wollen, wissen sie noch nicht. „Ich kann es mir nicht ganz vorstellen“, sagt Finn. Levin, der bereits in seiner Freizeit Theater spielt, lässt sich hingegen die eine oder andere Option offen. Aktuell absolviert der 18-Jährige ein Berufsvorbereitungsjahr. „Später als Schauspieler zu arbeiten bleibt schon ein großer Wunsch von mir.“
Im Finale des Münchner Filmpreises ging der Chemnitzer Streifen zwar leer aus, aber ein neuer Film sei schon in Planung, wie die Jugendlichen am Ende des Interviews verraten. „Vielleicht wieder ein Krimi, mal schauen, was passiert.“