Start Chemnitz Stasi-Gefängnis zur Gedenkstätte umgebaut
Artikel von: Judith Hauße
21.10.2023

Stasi-Gefängnis zur Gedenkstätte umgebaut

Das ehemalige Stasi-Gefängnis wurde zur Gedenkstätte umgebaut. Jede der Zellen erinnert mit Bildern und Dokumente an die Insassen. Fotos: Judith Hauße

Lern- und Gedenkort lädt zum Eröffnungswochenende

Kaßberg. „Sie haben uns behandelt wie wilde Tiere”, erzählt Falk Mrazek. WochenENDspiegel traf den heute 63-Jährigen am Tag der offiziellen Eröffnung des Lern- und Gedenkorts Kaßberg-Gefängnis (20. Oktober). Knapp 40 Jahre nach seiner Zeit im ehemaligen DDR-Gefängnis auf dem Chemnitzer Kaßberg stehe ich mit ihm gemeinsam in seiner damaligen Zelle. “Es ist ein seltsames Gefühl wieder hier zu sein”, sagt er, “und auch ein klein wenig fremd.” Die Zelle heute sei schließlich nicht mehr die, die er am 20. Juni 1979 verlassen hat, wie er meint. Dennoch hängen in ihr viele Bilder und Dokumente, die an die Zeit erinnern. Recherchiert und angebracht wurden sie vom Verein “Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis“. Jahrelang habe dessen Vorsitzender Jürgen Renz für den Erhalt des ehemaligen Stasi-Gefängnisses als Lern- und Gedenkort gekämpft. „Es waren viele Gespräche mit der Stadt und der Landesregierung nötig, um das Gelände als Erinnerungsstätte für das ehemalige Gefängnis zu erhalten.“ Mehr zur Geschichte des Zeitzeugen Falk Mrazek lesen Sie demnächst hier oder in der nächsten Ausgabe von WochenENDspiegel.

Freistaat verkaufte Gefängnis-Anlage

Seit dem Zusammenbruch der SED-Diktatur übernahm der Freistaat Sachsen die Gefängnisanlage. Er führte sie bis 2010 als Justizvollzugsanstalt weiter. Danach sollte die Liegenschaft verkauft werden. Daraufhin gründeten engagierte Bürgerinnen und Bürger im November 2011 den besagten Verein, um am geschichtsträchtigen Gefängnisbau eine Gedenkstätte zu etablieren. „Ein Ort, der für nachfolgende Generationen erhalten bleiben soll“, betont Renz. Mehr als vier Millionen Euro haben Bund und Land sowie die Stadt Chemnitz dem Projekt damals zugesichert. Während auf einem Großteil des abgerissenen Haftkomplexes moderne Wohnungen entstanden, wurde mit Erlaubnis des Eigentümers, das Chemnitzer Immobilienunternehmen Cegewo, am früheren Haftblock B ein entsprechender Rundgang über das Gefängnisareal samt Ausstellung im Inneren gestaltet. Der Rest wird als Verwaltungskomplex genutzt , woran sich auch ein Gerichtsgebäude anschließt. Für die Verwendung als Gedenkstätte mietete der Verein einen Teil der Anlage für 25 Jahre an.

Eröffnungswochenende mit Musik, Polit-Besuch und Zeitzeugen

Ein Festakt am Freitag (20. Oktober) im Beisein von Ministerpräsident Michael Kretschmer, Oberbürgermeister Sven Schulze, Staatsministerin Barbara Klepsch, der SED-Opferbeauftragten Evelyn Zupke sowie zahlreichen Zeitzeugen bildet den Start zum neuen Lernort mit Dauerausstellung. Am Samstag (21. Oktober) und Sonntag (22. Oktober) haben die Chemnitzerinnen und Chemnitzer bei freiem Eintritt die Chance, diesen zum ersten Mal zu besichtigen. Geplant ist außerdem an beiden Tagen ein Programm mit Podiumsdiskussionen, Konzert und Infoständen verschiedener Aufarbeitungsinitiativen und Institutionen. Unter anderem präsentiert Zeitzeuge Michael Schlosser den Nachbau eines Flugzeugs, das er für seine geplante Flucht aus der DDR Anfang der 1980er-Jahre selbst entwickelt hatte. Ebenso am Samstag mit dabei ist Liedermacher und Lyriker Michael „Salli“ Sallmann, geboren 1953 in Chemnitz, aufgewachsen in Gornsdorf und Thalheim/Erzgebirge. In der ehemaligen Hafthalle im Lernort gibt er um 18 Uhr ein Konzert.

Das gesamte Programm zum Nachlesen lesen Sie hier.