Start Erzgebirge Warnung vor Asbest-Welle im Erzgebirge
Artikel von: Björn Max Wagener
13.11.2023

Warnung vor Asbest-Welle im Erzgebirge

So läuft Asbest-Sanierung: Overall, Atemschutzmaske, Handschuhe und dazu noch eine Schutzbrille. „Komplett-Schutz ist ein Muss“, sagt die Bau-Gewerkschaft. Foto: IG BAU | Alireza Khalili

IG Bau fordert Förderprogramm

Region. In Altbauten im Erzgebirgskreis lagern noch tonnenweise asbesthaltige Baustoffe. Von 1950 bis 1989 wurde der krebserregende Stoff intensiv verwendet. Man müsse davon ausgehen, dass jedes Gebäude, das in dieser Zeit gebaut wurde, belastet ist – mal mehr, mal weniger, sagt Andreas Herrmann von der IG-Bau. Herrmann spricht von “Asbestfallen” und nennt Zahlen: “In den vier ‚Asbest-Jahrzehnten‘ wurden im Erzgebirgskreis rund 18.100 Wohnhäuser mit 60.500 Wohnungen neu gebaut. Das sind immerhin 22 Prozent aller Wohngebäude, die es heute im Landkreis gibt. Hinzu kommen Gewerbebauten, Garagen, Ställe und Scheunen in der Landwirtschaft.” Der Bezirksvorsitzende verweist auf die “Situationsanalyse Asbest”, die die Gewerkschaft beim Pestel-Institut Hannover in Auftrag gegeben hat.

Andreas Herrmann stellt konkrete Forderungen. Foto: IG Bau

Zugleich beruhigt Herrmann Eigentümer und Bewohner. Wer in einem belasteten Gebäude wohne, müsse sich keine Sorgen machen. Kritisch werde es erst bei einer Sanierung, bei der Asbest freigesetzt und zu einem ernsthaften Problem werden könne. Es beginnt mit Baustaub und dem Einatmen von Asbestfasern. Bauarbeiter und Handwerker haben kaum eine Chance, die Gefahr zu erkennen und entsprechend zu handeln. Auch dauere es bis zu 30 Jahre, bis eine Asbestose diagnostiziert werde. Sie geht mit Lungen-, Bauchfell- oder Kehlkopfkrebs einher. Deshalb sei ein Vollschutz mit FFP3-Maske, Overall, Schutzbrille und Handschuhen ein absolutes Muss. Oft versteckt sich der Gefahrstoff in Putzen oder auch Spachtelmassen sowie Fliesenklebern, vor allem aber in Asbestzement. Aus Letzterem wurden vor allem Rohre, Fassadenverkleidungen und Dacheindeckungen hergestellt. Ein großes Problem ist laut Herrmann auch der so genannte Spritzasbest, bei dem die Fasern schwächer gebunden sind und so leichter freigesetzt werden können.

Sanierung bringt Gefahren mit sich

Wir stehen am Beginn von zwei Jahrzehnten der Sanierung. Die energetische Gebäudesanierung wird enorm an Fahrt gewinnen. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, wird auch im Erzgebirgskreis in den nächsten Jahren ein großer Teil des Altbaubestandes angefasst. Wohnhäuser werden modernisiert, senioren- und familiengerecht umgebaut. Es wird angebaut und aufgestockt, um mehr Wohnraum zu schaffen.” Deshalb warnt der Bezirksvorsitzende nun vor einer Asbestwelle am Bau und stellt konkrete Forderungen. So fordert die Gewerkschaft nicht nur einen Schadstoffpass für Gebäude mit unterschiedlichen Belastungsstufen, sondern auch staatliche Sanierungsprämien. Dazu müsse die Bundesregierung ein KfW-Förderprogramm auflegen. Das helfe, die Kosten abzufedern und eine fachgerechte Entsorgung sicherzustellen. Die Gefahr sei angesichts von rund 4,35 Millionen Tonnen in Ost und West enorm. Bundesweit gelten derzeit noch knapp 44 Millionen Tonnen Baustoffe als belastet.

In den vergangenen zehn Jahren sind nach Angaben der IG BAU 3.376 Versicherte der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) an den Folgen einer asbestbedingten Berufskrankheit gestorben – davon allein 320 Baubeschäftigte im vergangenen Jahr.